Jorinde und Joringel

Eines der weniger bekannten Märchen ist Jorinde und Joringel. Schade, denn es ist wunderschön, ich habe es schon als Kind geliebt:

In einem Wald liegt das düstere Schloss der Erzauberin. Wer sich ihm in der Dämmerung nähert, wird in einen Stein verwandelt. Junge Mädchen aber verwandelt die Zauberin in einen Vogel. Schon 7000 hat sie in einer geheimen Kammer eingesperrt. An manchen Tagen kann man sie bis in das Dorf singen hören, in dem Jorinde und Joringel leben. Die beiden lieben sich sehr und wollen bald heiraten.

Eines Tages gehen die beiden in den Wald, um etwas Ruhe vor den Hochzeitsvorbereitungen zu haben. Es wird spät, und plötzlich legten sich Nebelschwaden um ihre Beine, die sie immer weiter in den Wald hineinziehen. Als sie vor dem Schloss ankommen, dämmert es. Jorinde wird in eine Nachtigall verzaubert, Joringel in einen Stein. Doch die Nachtigall singt und die Liebe verhindert, dass auch sein Herz zu Stein wird. Deswegen muss ihn die Zauberin am nächsten Tag erlösen.

Joringel zieht fort, doch seine Jorinde vergisst er nie. Nachdem er eines Nachts von einer Wunderblume geträumt hat, mit deren Hilfe er Jorinde befreien kann, macht er sich auf die Suche: im Wald, in der Stadt, in den Dörfern, an Seen, überall. Immer, wenn er den Mut verliert, hört er eine Nachtigall singen. Und schließlich, eines Morgens, sieht er vor sich eine Blume, die genauso aussieht wie die aus seinem Traum. Wird er Jorinde befreien können?

Die ruhige, tiefe Stimme des Erzählers Samuel Weis fesselt den Zuhörer. Ich fand sie sehr angenehm, es ist eine dieser Stimmen, von denen ich mir stundenlang vorlesen lassen könnte. Die einzelnen Abschnitte der Geschichte werden durch klassische Musik unterbrochen: Stücke für Flöte und Gitarre von Edvard Grieg, Manuel de Falla, Marin Marais, Francis Poulenc, Béla Bártok, Franz Josef Gossec, Francisco Tárrega. Sorgfältig für die jeweilige Szene ausgewählt, gelingt es ihnen, die jeweilige Stimmung hervorragend zu vermitteln: Wenn die Flöte jubliert, spürt man die unbeschwerte Leichtigkeit des im Wald spazierengehenden verliebten Paares, die Gitarre gibt Jorindes Sorge, seine Mühsal, seine Angst wider usw.

Diese Produktion wurde vom Verband deutscher Musikschulen mit dem Leopold 2007/2008 und mit dem Vierteljahrespreis der deutschen Schallplattenkritik 4/2006 ausgezeichnet. Dies ist nun die zweite CD aus dem See-Igel-Verlag, die ich gehört habe und ich bin wiederum begeistert. (Meine Bespechung der Dezembergeschichten „Dezemberpäckchen“ findet ihr hier.) In vielen Kinderhörbüchern wird auf die Musik wenig Wert gelegt, oft ist es nur irgendein Geklimper im Hintergrund. Dagegen hebt sich Jorinde und Joringel wohltuend ab, die Kombination aus Text bzw. Stimme und Musik ist perfekt, man (also auch die Eltern) kann die Geschichte immer wieder anhören, ohne genervt zu werden. Und ganz nebenbei lernen die Kinder Musik anspruchsvoller Komponisten kennen.

Cover_JorindeundJoringel

Jorinde und Joringel, Edition See-Igel 2007, 45 Minuten, Euro 12,90, ISBN 978-3-935261-12-8

Erzähler: Samuel Weis
Flöte/Altflöte: Wally Hase
Gitarre: Thomas Müller-Pering

Auf der Verlagsseite gibt es eine Hörprobe (ganz unten rechts) – bei Amazon

Ein Kommentar zu “Jorinde und Joringel

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