Andrea Russo: Gestrandet auf Internat Bernstein

Als Jugendliche habe ich die Bücher über Hanni und Nanni und Dolly rauf und runter gelesen. Hätte mir jemand angeboten, auf ein Internat zu gehen, hätte ich wohl keine Sekunde gezögert. Bei Paulina sieht das aber ganz anders aus:

Paulina hat Sommerferien und fühlt sich pudelwohl. Zusammen mit ihren Freunden verbringt sie viel Zeit im Schwimmbad, lässt sich von ihrer Oma, die dort ein Kiosk betriebt, mit Pommes versorgen und genießt ihr Leben. Doch dann kommt ein Brief vom Internet Bernstein. Ihre Klassenlehrerin hatte vorgeschlagen, dass sie sich dort um ein Stipendium bewirbt. Paulina war von vornherein davon ausgegangen, dass sie nicht genommen wird, weil ihre Noten gar nicht so toll sind, und so war es auch gekommen. Doch nun teilt man ihr mit, dass eine zweite 7. Klasse aufgemacht wird und sie angenommen wird. Weg von ihren Freunden? Das will Paulina nicht. Doch dann verspricht sie ihrer Mutter, es wenigstens einen Monat zu probieren. Mit Kira, Luca und Noah dagegen hat sie einen Plan entwickelt, schon nach wenigen Tagen solches Heimweh vorzutäuschen, dass sie nach Hause geschickt wird.

Als sie dann auf dem Internat ankommt, findet sie aus Prinzip alles erst einmal blöd. Aber nach und nach findet sie Shanti, Theo und manche von den anderen doch ganz nett. In der Nacht erleben sie gemeinsam ein Abenteuer. Plötzlich ist Paulina gar nicht mehr sicher: bleiben oder gehen?

Die wuschelköpfige Paulina aus Bottrop, von ihrer Schwester Wischmopp genannt, ist eine äußerst sympathische Heldin. Ihre Ängste und den Wunsch, ihre Freunde nicht zu verlassen, können die Leser sehr gut nachvollziehen, vor allem, wo ihr bisheriges Leben zu Anfang des Buches so glaubwürdig und farbig geschildert wird. Aber auch, wie ihr Widerwille langsam schwächer wird, ist sehr schön dargestellt. Schloss Bernstein ist keinesfalls das Horrorinternat, das sie sich vorgestellt hat, wenn auch einige ganz schön hochnäsige Schüler dort herumlaufen. Die Masse ist ganz normal und bunt gemischt, wie an jeder anderen Schule auch. Vor allem ist es an der neuen Schule überhaupt nicht langweilig, weil einige Schüler ziemlich viel Unsinn im Kopf haben. Dadurch kommt es zu einer sehr gefährlichen Situation, in der sich Paulina bewähren kann.

Zuerst dachte ich: „Ach, noch eine Internatsgeschichte …“ Aber schon vom ersten Kapitel an war ich sehr angetan, weil Paulina und ihr Leben so gut geschildert werden. Der Schreibstil ist sehr flüssig, man taucht sofort in die Handlung ein. Ich hätte nicht gedacht, dass mich solch eine Geschichte derart fesseln würde, dass ich das Buch vor dem Schlafen kaum aus der Hand legen kann. Ich hatte aber richtig Spaß daran. Die wichtigsten Protagonisten sind sind richtig „rund“. Was mir gefallen hat, ist, dass sie facettenreich sind. Selbst die zickige Fleur hat mal nette Momente, die eigentlich gutherzige Paulina verletzt in ihren Bestreben, alles schlechtmachen zu wollen, Shanti usw. Dass natürlich auch einige Klischees wiederaufleben, fand ich nicht weiter störend, gewisse Dinge gehören zu Schul- und Internatsgeschichten einfach dazu. Das Internat ist auch keine verstaubte, altmodische Einrichtung, sondern eine moderne Schule, wie es sie wirklich geben könnte, das wirkte auf mich sehr authentisch. Es gibt einiges zum Lachen und zum Ende hin wird es auch mal spannend.

Ein humorvolles, fröhliches Buch, das zu lesen richtig Spaß macht. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Leserinnen zwischen 10 und 13 Jahren demnächst auch gerne in ein Internat gehen möchten – am liebsten in dieses. Vielleicht sind sie aber erst einmal mit dem zweiten Band der neuen Reihe zufrieden.

Cover_Russo_InternatBernstein
Andrea Russo: Gestrandet auf Internat Bernstein. Coppenrath 2015. 240 Seiten, Euro 9,95, ISBN 978-3-649-61532.

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