Eva Thengilsdóttir: Nála. Ein Rittermärchen

Eva Thengilsdóttir: Nála. Ein Rittermärchen

Heldenhafter Ritter und mutiges Mädchen

Der heldenhafte Ritter Wagemut schlägt mit seinem scharfen Schwert alles kurz und klein. Er besiegt unzählige Drachen und ganze Völker. Doch:

Eines Tages gab es niemanden mehr zu bekämpfen und nichts mehr, um dafür zu kämpfen.

Ritter Wagemut war ziemlich einsam und unglücklich, so allein in der Gesellschaft seines kalten, stillen Schwertes.

Doch eines Tages kam ein junges Mädchen daher, als er schlief, nahm sein Schwert, fädelte einen Faden ein, und begann, damit zu sticken. Sie stickte eine ganze Welt. Als Wagemut erwachte, freute er sich über die belebte Welt – bis er bemerkte, dass sein Schwert als Nadel zweckentfremdet wurde.  Doch schnell schlug sein Zorn in Bewunderung um. Schließlich lernte er sogar, selber zu sticken!

Jeden Abend küsste Wagemut
das Tagwerk und die Nadel.

Zuerst aber küsster er das Mädchen
und das Mädchen küsste ihn.

Zerstörung und Wiederaufbau

Zunächst ist der Ritter stolz auf sein heldenhaftes Leben und er liebt sein Schwert. Doch seine Lebensweise führt dazu, dass er alles zerstört und sehr, sehr einsam wird. Es stellt sich heraus, dass sein geliebtes Schwert keine schöne Gesellschaft ist, sondern kalt und still.

Aber dann kommt das Mädchen, das sein Schwert als Nadel bezeichnet und damit wundervolle Dinge tun kam. Das Schwert, das Leben nahm, schenkt als Nadel neues Leben. Und so wird auch der Lebensinhalt des Ritters auf den Kopf gestellt. Er stickt sich zurück ins Leben und findet die Liebe.

Neuer Lebensinhalt

Was für eine entzückende Geschichte! Der Ritter, der einst für seinen heldenhaften Kampf bewundert wurde, aber letztlich die Welt zerstört hat, erhält eine neue Chance. Das Schwert, an dem so viel Blut klebt, wird zum Lebensstifter.

Es gibt keinerlei Vorwürfe an den Ritter. Vielleicht werden die zuhörenden Kinder ihn anfangs auch bewundern, wie er mit so vielen Drachen fertig wird, mit Riesen und Gespenstern. Aber als alles kaputt ist und der Ritter einsam, verstehen die Kinder, dass es nicht sinnvoll ist, alles zu zerstören, nur weil man stark ist und ein tolles Schwert hat. Sie erkennen, dass andere Dinge wichtig sind. Diese Dinge erschafft das Mädchen mit dem Schwert, das zur Nadel wird, neu. Im ersten Moment ist es lustig, wenn sie in das viel zu groß erscheinende Schwert den Faden einfädelt, aber dann …

Wichtige Botschaft

Den Kindern wird hier eine wichtige Botschaft sehr eindrücklich, aber ohne jeden erhobenen Zeigefinger vermittelt: Zerstörung bringt nichts als Einsamkeit und Trauer, wer eine Welt aufbaut, wird dagegen Glück und Zufriedenheit empfinden. Und: Jeder hat die Chance, sich zu ändern. Sogar ein wild um sich schlagender Ritter. Oder, wie es im Klappentext heißt:

„Wenn wir unsere Haltungen im Leben ändern, können wir Zerstörendes in Frieden und Mitgefühl verwandeln.“ (Vigdís Finnbogadóttir)

Best(r)ickend schöne Bilder

Der Text ist gut zu verstehen, auch wenn die Sätze manchmal ein wenig altmodisch klingen – eben märchenhaft. So gelingt es schon mit den ersten Wort, eine märchenhafte Welt zu erzeugen. Anfangs stehen nur ein bis drei Sätze auf einer Seite, später gibt es auch längere Passagen.

Die Bilder sind ein Traum! Sie sehen alle aus wie Stickereien. Anfangs erinnerten sie mich an gestrickte Norweger- oder Islandpullover, aber dann stellte sich heraus, dass sie wie Stickmuster gestaltet sind. Ich glaube, man könnte die ganzen Illustrationen nachsticken. Kinder werden die Bilder vielleicht anfangs komisch finden, weil sie ungewöhnlich sind, aber wenn sie erfahren, warum sie so aussehen, vermutlich ebenso fasziniert sein wie ich. Der Ritter mit Pferd und Schwert, Drachen, Gespenster, Trolle, Menschen – das Mädchen kann sogar Helden sticken!

Die Idee zu den Illustrationen kam der Autorin beim Betrachten des sogenannten Ritterteppichs, der mit isländischem Kreuzstich bestickt ist und im isländischen Nationalmuseum hängt. Eine ungewöhnliche Idee, die toll umgesetzt wurde.

Fazit: Eine Geschichte voller Moral, aber ohne erhobenen Zeigefinger, mit ganz besonderen Illustrationen für Kinder von 5 bis 7 Jahren.

Eva Thengilsdóttir: Nála. Ein Rittermärchen. Aus dem Isländischen von Gisa Marehn. Kullerkupp 2018. 36 Seiten, Euro 19,90, ISBN 978-3-947079-07-0.

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