Paul Maar: Der Galimat

Jim, der bei seinem Onkel und seiner Tante aufwächst, weil seine Eltern angeblich als Spione um die Welt reisen, hat ein fotografisches Gedächtnis. Er lernt das Lexikon auswendig. Jeden Morgen beim Frühstück fragt sein Onkel ihn ab. Wenn er alle Bände geschafft hat, soll er an einer Quizshow teilnehmen und eine Million gewinnen. In der Schule kommt seine Fähigkeit nicht so gut an, weil er es sich nicht verkneifen kann, den zugehörigen Lexikoneintrag herunterzurattern, wenn ein Stichwort fällt. Das nervt Klassenkameraden und Lehrer gleichermaßen. Ein Mitschüler, Alexander, schikaniert ihn deswegen besonders und der Klassenlehrer führt ihn in Mathe gerne vor.

Eines Nachts taucht ein Galimat in seinem Zimmer auf, ein kugelrundes Wesen, das Strom zum Aufladen braucht und die Fähigkeit besitzt, Dinge zu materialisieren. Jim hat eine Idee. Er möchte unbedingt sofort erwachsen werden, um sich am Klassenlehrer und Alexander zu rächen und nicht mehr in die Schule zu müssen. Der Galimat materialisiert eine Pille. Allerdings hält die Wirkung nur begrenzt, sollte Jim sie aber hinunterschlucken, müsste er für immer erwachsen bleiben. Nun ändert sich sein Leben radikal …

Jim ist ein sympathischer Junge, aber ein Außenseiter, weil er mit seinem Lexikonwissen nervt. Das kann man gut nachvollziehen. Mir tat er aber auch leid, weil er von seinem Onkel so gestriezt wird und nichts dafür kann. Sein Wunsch, endlich erwachsen zu werden, ist durchaus nachvollziehbar. Klar, dass er nicht in der Lage ist, die Konsequenzen zu überblicken und ebenfalls klar, dass einiges schiefläuft. Der Galimat – ein niedliches Wesen unklarer Herkunft – kann ihm helfen. Auf seine Warnungen hört Jim nicht, er ist zu sehr von seiner Idee besessen. Als dann alles schief geht und der Galimat verschwunden ist, ist Jim verzweifelt. Aber zum Glück hält wenigstens seine Freundin Rebecca zu ihm.

Die Geschichte enthält viele lustige Elemente, weil so einiges nicht klappt, wie Jim das vorgesehen hat und weil der Galimat unsere Welt nicht immer versteht und erklärt bekommen muss. Als die Pillen ins Spiel kommen, wird die Geschichte zudem spannend. Das Hörbuch wird gut von Andreas Fröhlich gelesen, ich mochte besonders, wie er den Galimat spricht, der sein letztes Wort immer wiederholt. Die über drei Stunden vergingen ruck zuck, es war nie langweilig.

Mit seiner Fähigkeit, Wünsche zu erfüllen (wenn auch nur, indem er etwas materialisiert), ähnelt der Galimat ein wenig dem Sams. Aber ansonsten ist die Geschichte ganz anders. Paul Maar hat hier eine Kinderbuchfigur geschaffen, die ebenso zum Klassiker werden könnte. Mir hat besonders gut gefallen, dass in der lustigen Geschichte diverse Kritik an der Erwachsenenwelt versteckt ist. Da sie fantasiereich, spannend und mit einer guten Portion Humor erzählt ist, fühlt sich der Zuhörer aber nie belehrt, die Erkenntnis kommt erst im Nachhinein. Außerdem macht sie deutlich, dass das Kindsein gar nicht so übel ist.

Kinder ab 8 Jahren werden sich gut in Jim und seine Freunde hineinversetzen können und sicherlich hoffen, dass sich eines Nachts auch einmal ein Galimat in ihr Zimmer verirrt.

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Paul Maar: Der Galimat. Gelesen von Andreas Fröhlich. Oetinger Audio 2015. 3 CDs, 203 Minuten, Euro 16,99, ISBN 978-3-8373-0855-6.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in jeder Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.