Das Schloss der Schockingers liegt weitab von allem im Nebelmoor. Doch eines Tages verschwindet es einfach: Die Familie hat das Verfallsdatum nicht beachtet. Ihnen bleibt nicht viel anderes übrig, als in eine Reihenhaussiedlung umzuziehen. Die meisten Familienmitglieder finden das fürchterlich, denn ein normales Leben ist das Letzte, was sie sich wünschen. Der Vater macht merkwürdige Experimente, die Mutter mag Dunkelheit, die Farbe Schwarz und ihren weissagenden Spiegel Rüdiger. Der kleine Humbert kann stürzen wie er will, er ist unverwüstlich und findet das alles lustig. Tochter Edna kann sich mühelos in Tiere verwandelt und Cousin Todd lebt in einer Kuckucksuhr. Nur Henry hat keine besonderen Fähigkeiten – glaubt er zumindest. Und deswegen ist er auch der Einzige, der sich über den Umzug freut und hofft, endlich Freunde zu finden. Leider eckt Henry allein durch seine ungewöhnliche, altmodische Kleidung an und auch sonst finden ihn die anderen Schüler komisch. Nur ein Mädchen scheint sich für ihn zu interessieren. Doch schon nach wenigen Tagen eskaliert die Situation: Das Roboter-Hausmädchen Dörte dreht durch und eine Nachbarin hält die Familie für eine Bedrohung. Ob Henry das Chaos noch rechtzeitig abwenden kann?
Familie Schockinger ist eine richtig durchgedrehte Gruselfamilie, die aus sehr exzentrischen Mitgliedern besteht. Da kann einem Henry, der lieber normal leben würde, schon ein wenig leid tun. Er merkt gar nicht, wie sehr er selber aus dem Rahmen fällt. Sein erster Versuch, einen Freund zu finden, geht ziemlich daneben. Erst als er denkt, dass es sich um eine Fernsehproduktion handelt, beginnt der Nachbarsjunge, sich für Henry zu interessieren. Leider ist er sehr aufdringlich, wird dabei aber noch von der Nachbarin übertroffen, die die Familie ständig beobachtet und fotografiert. Normale Typen sind in dieser Geschichte Mangelware, denn auch die vermeintlich normalen haben alle einen Spleen. Auch die weiteren Mitbewohner sind ziemlich skurril, so gibt es die sprechende fleischfressende Pflanze Eleonore mit dem französischen Akzent und Nestor, eine bissige Riesenschildkröte.
Die Handlung ist streckenweise ziemlich turbulent und ganz gewiss nicht langweilig. Die Geschichte lebt von den skurrilen Charakteren mit ihren verrückten Ideen, die die Handlung wenig vorhersehbar machen. Es gibt viel zu lachen, aber auch einige kleinere Ekel-Momente, wenn es um die Ernährung geht. Henry Menschenkenntnis ist ziemlich schlecht, kein Wunder, er konnte bisher ja noch keine Erfahrungen sammeln. Deswegen macht ihm ausgerechnet die Person Angst, die ihm wirklich freundlich gegenübersteht und ihm helfen möchte. Er denkt sogar, er würde von ihr verzaubert. Bis sich das als Irrtum herausstellt, muss so einiges passieren. Aber dann hat er nicht nur endlich eine Freundin gefunden, sondern auch seine ungewöhnlich Fähigkeit entdeckt. Am Anfang werden ein paar Dinge verraten, die eigentlich ein Vorgriff sind. Aber ich muss gestehen, dass ich diese verräterischen Details schon wieder vergessen hatte, bis sie am Ende relevant wurden.
Die sehr gute Lesung von Cathlen Gawlich wird gelegentlich von angemessen gruseliger, aber unaufdringlicher Musik untermalt.
Eine mal lustige, mal skurrile und manchmal auch ein bisschen gruselige Geschichte für Kinder ab 8 Jahren.
Judith Allert: Die unglaublichen Schockingers. Auf fürchterliche Nachbarschaft. Igel 2016. 2 CDs, 151 Minuten, Euro 14,99.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in jeder Buchhandlung.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.