Andrea Hengsen: Mit Zorro durch die Nacht

Geheimnisvoller Besucher

Matti ist ein sehr unglückliches Kind. Vor einem halben Jahr ist seine Mutter bei einem Unfall ums Leben gekommen. Wenige Tage vorher hatte sie ihm Sputnik geschenkt, einen kleinen Hund, der jetzt Mattis allerliebster Begleiter ist. Weil sein Vater viel arbeiten muss, wohnt außerdem Anna bei ihnen, eine ältere Russin, die Matti sehr liebgewonnen hat.

Als er eines Abends bei Ostwind und Vollmond in seinem Zimmer sitzt, klopft es plötzlich ans Fenster. Nachdem Matti den ersten Schreck überwunden hat, lässt er den schwarz gekleideten Jungen ein, er davor auf dem Baum sitzt: Zorro. Zorro redet wenig, aber er weiß anscheinend alles über Matti und hat die Gabe, zuzuhören. So kann Matti sich seine Sorgen vom Herzen reden und findet mit ein wenig Unterstützung oft selbst eine Lösung. Am nächsten Morgen zweifelt Matti an seinem Verstand, doch es gibt untrügliche Beweise, dass Zorro wirklich da war. Doch wird er wiederkommen?

Beistand in der Not

Matti ist oft sehr traurig. Nicht nur wegen seiner Mutter, auch, weil er Schwierigkeiten in Mathe hat, sich in der Klasse unverstanden fühlt und im Fußballverein Probleme mit dem Trainer hat. Über vieles kann er mit Anna reden, auch wenn er ihre Ratschläge manchmal zunächst gar nicht hören mag. Aber anderes behält er lieber für sich. Als plötzlich Zorro kommt, richtet er seine ganze Sehnsucht auf ihn. Wird er immer kommen, wenn er ihn ruft, wenn er ihn braucht? Und wenn nicht, warum nicht? Doch in einigen Situationen hilft Zorro ihm wirklich. Oder bildet sich Matti das nur ein? Jedenfalls gibt ihm allein der Gedanke Selbstvertrauen und neuen Mut.

Da draußen auf dem Fensterbrett, da hockt tatsächlich einer. Ein kleiner schwarzer Kerl – und er nickt Matti zu. Matti geht weiter, diesen Fremden fest im Blick, als passierte ihm nichts, solange er so tut, als sei es ganz normal, dass da einer plötzlich vorm Fenster sitzt.

Umgang mit Trauer

Wer hätte nicht gerne jemanden wie Zorro an seiner Seite? Jemanden, der einem zuhört, Mut zuspricht und ihn stärkt. Matti hat Sputnik zum Liebhaben, seinen Vater, der aber ebenfalls trauert und die patente Anna, die viele Geschichten weiß und ihn oft aufmuntert, aber auch streng sein kann. Doch jemanden, dem er sein Herz uneingeschränkt öffnen kann, hat Matti nicht – bis Zorro kommt. Weil er immer noch den Tod seiner Mutter zu verarbeiten und auch im Alltag einige Probleme zu bewältigen hat, hat Matti ihn nötiger als andere. Wenn es nach ihm ginge, könnte Zorro jeden Abend zu ihm kommen. Doch er braucht eine ganz Weile, bis er das System hinter den Besuchen versteht. Manchmal verliert er gar das Vertrauen. Doch kleine Zeichen lassen ihn glauben, dass er nicht alleine ist. So schafft er es letztlich, seine Angelegenheiten mehr oder weniger alleine zu regeln und sogar einem anderen Kind zu helfen. Da braucht er Zorro nicht mehr.

Nie im Leben wird er einschlafen können, während ZORRO noch im Zimmer sitzt, das war gestern Abend Mattis letzter Gedanke.
Und ist sein erster, als er aufwacht heute Morgen.

ZZZZZZZZZZZZZZZZZ – Zorro!

Mir gefällt die Art, wie in diesem Buch das Thema Trauer behandelt wird. Es spielt eine sehr wichtige Rolle in dem Buch, ist aber dennoch nicht so dominant, dass das Buch eine niederdrückende Lektüre wäre. Im Gegensatz, das Buch schafft es, Mut zu machen, indem es zeigt, wie Matti ins Leben zurückfindet, ohne dabei seine Mutter zu vergessen. Dafür hat er ja, unter anderem, seinen geliebten Hund Sputnik. Dass Matti außerdem Alltagskonflikte wie seine Matheprobleme lösen muss, die so oder so ähnlich allen Kindern bekannt sind, macht das Buch für für alle Kinder geeignet. Sollten die Leser jedoch ein Kind kennen, das einen ähnlichen Verlust wie Matti erlitten hat, kann es sicherlich Verständnis für diese Situation wecken. Betroffenen Kindern kann es Mut machen.

Kommt ZORRO nur dann ausnahmsweise zu Matti, wenn er ZORROS Hilfe braucht, bleibt Matti jetzt nichts anderes übrig, als auf die Zeichen zu warten. Jeden Abend steht Matti am Fenster und sieht hinauf zum Mond.

Die schönen, farbigen Bilder schaffen es wunderbar, die Stimmung der Geschichte aufzugreifen.

Fazit: Ein mutmachendes und gar nicht trauriges Buch über Trauer, Verlust und das Bewältigen von Alltagssorgen mithilfe eines Superhelden für Kinder von 9 bis 11 Jahren.

Cover_Hensgen_MitZorrodurchdieNacht

Andrea Hensgen: Mit Zorro durch die Nacht. Magellan 2016. 144 Seiten, Euro 13,95, ISBN 978-3-7348-4014-2.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – über Buchhandel.de – und in jeder Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.