Alexandra David-Néel. Die Frau vom Dach der Welt

Bisher beschäftigten die Titel der Hörbuch-Reihe „Abenteuer und Wissen“ sich immer mit mir bekannten Persönlichkeiten, wie Scott und Amundsen, Dian Fossey, Livingstone oder Jack London. Der aktuelle Titel ließ mich jedoch ratlos zurück: Alexandra David-Néel? Nie gehört. Nach dem Hören der CD gebe ich zu: Das war eine Bildungslücke, die dringend geschlossen gehörte!

Alexandra David-Néel war eine überaus ungewöhnliche Frau, die die Konventionen ihrer Zeit ignorierte, überwand und unglaubliche Strapazen auf sich nahm, um sich ihre Träume zu erfüllen.

Schon als Kind zeichnet sich die 1868 in der Nähe von Paris geborene Alexandra David durch großen Freiheitsdrang aus. Mehrfach läuft sie von zu Hause weg und meldet sich aus der Schweiz oder Italien erst dann wieder bei ihren Eltern, wenn ihr das Geld ausgeht.  Nach dem Studium orientalischer Sprachen als erste Frau an der Sorbonne reist sie mit dem Geld aus einer Erbschaft ein Jahr durch Indien und ist fasziniert von dem Land und seiner Kultur. Um weiter reisen zu können, tritt sie als Sopranistin auf und geht auf Tournee durch Asien. Trotz ihrer Erfolge macht sie dieses Leben nicht glücklich, da sie nicht genug Zeit hat, um die bereisten Gebiete näher kennenzulernen. Schließlich heiratet sie Philipp Néel. Die Ehe wird nicht glücklich, aber ihr Ehemann finanziert ihr weitere Reisen.

Mit 43 Jahren tritt sie eine weitere Asienreise an, die 14 Jahre dauern wird. Sie lebt in Tibet, vervollständigt ihre Sprachkenntnisse, besucht Klöster, lernt den Dalai Lama kennen und beschäftigt sich intensiv mit dem Buddhismus. Ihr großer Wunsch ist es, die für Ausländer verbotene Stadt Lhasa zu sehen. Sie verkleidet sich als Bettelpilgerin und tritt, nur in Begleitung eines jungen Lama, die Reise zu Fuß über den Himalaya an. Trotz großer Strapazen erreichen sie schließlich Lhasa. Nach ihrer Rückkehr wird sie wie eine Heldin gefeiert.

Alexandra unternimmt weitere Reisen und schreibt viele Bücher darüber, über asiatische Kultur und Religion. Noch in hohem Alter lässt sie ihren Reisepass verlängern. Sie wird hundert Jahre alt.

In gewohnt spannender Manier wird das Leben Alexandra David-Néels für die Zuhörer aufbereitet. Von Anfang an fiebern sie bei den Erlebnissen des Mädchens mit. Die Kinder empfanden es als sehr mutig, in einem Zeitalter auszureißen ohne Telefon oder andere Möglichkeiten, die Familie schnell zu erreichen und sich erst zu melden, wenn kein Geld mehr vorhanden war. Auch später fiebert man immer wieder mit, wie es ihr wohl gelingen wird, weitere Reisen zu finanzieren und wundert sich über die Geduld ihres Ehemannes, der nicht viel von seiner Frau zu sehen bekam. Der Höhepunkt ist der Fußmarsch nach Lhasa, der Alexandra und ihren Begleiter fast das Leben gekostet hätte. Fast nebenbei erhält man von dem Tibet-Experten Andreas Hilmer viele interessante und wichtige Informationen über den Buddhismus, den Dalai Lama und Tibet, die durch das beiliegende Booklet noch ergänzt werden.

Der Headroom-Verlag gibt für die Produktionen dieser Reihe immer eine Altersbegrenzung von 8 bis 88 Jahre an. Dem ist wieder nur zuzustimmen – sowohl Kinder als auch Erwachsene hören dieses Hörbuch mit Spaß, Interesse und Gewinn. Keine der 78 Minuten ist verschwendet. Die Sprecher sind gut, die dezente Musik untermalt, ohne störend zu sein, die eingeflochtetenen Alltagsgeräusche versetzen den Zuhörer ein wenig in die Atmosphäre Indiens oder Tibets. Einzig die gebrochene Stimme der alten Alexandra ist auf Dauer etwas nervig.

Rundum gelungen und empfehlenswert!

Mehr Informationen über Alexandra David Néel gibt es hier (Französisch und Englisch).

Ute Welteroth: Alexandra David-Néel. Die Frau vom Dach der Welt. headroom 2010, 1 Cd, 78 Minuten, Euro 12,90, ISBN 978-3-942175-01-2

Regie: Theresia Singer

Sprecher: Biggi Wanninger, Karlheinz Tafel, Therese Dürrenberger, Jule Hammersen, Caroline Schreiber, Roland Görschen, Mario Engels u. a.

Tibet-Experte: Andreas Hillmer

Ich danke dem Headroom-Verlag für das Rezensionsexemplar.