Ute Krause: Im Labyrinth der Lügen

Eltern bei Republikflucht festgenommen

Paul, 12 Jahre alt und Schüler in Ost-Berlin, lebt bei seiner Großmutter und seinem Onkel, seit seine Eltern im Gefängnis sind. Sie hatten versucht, mit ihm zu fliehen, Paul kam in ein Kinderheim, aus dem er von seiner Oma geholt wurde. Sein Onkel arbeitet als Nachtwächter im Pergamon-Museum. Als er ihn eines Abends zusammen mit seiner neuen Klassenkameradin Milena, genannt Millie, besucht, hören die beiden merkwürdige Geräusche. Statt nach Hause zu gehen, schleichen sich die beiden zurück ins Museum. Dort beobachten sie merkwürdige Vorgänge. Paul versucht, das Gesehene zu verstehen. Er hat das Gefühl, dass alle Erwachsenen ihn belügen. Dann durchwühlt auch noch die Stasi die Wohnung. Paul versteht die Welt nicht mehr.

Zwei Außenseiter schließen Freundschaft

Paul muss viel mehr aushalten als die meisten anderen Jungen. Seine Eltern sind im Gefängnis, was er seinen Klassenkameraden natürlich verschweigt. Dann werden sie von der Bundesrepublik freigekauft und er fürchtet, sie nie mehr wieder zu sehen. Seine neue Klassenkameradin Millie ist wegen ihrer dunklen Hautfarbe, die Mutter ist Kubanerin, ebenfalls Außenseiterin. Als die beiden sich anfreunden, ist Paul glücklich, endlich jemanden gefunden zu haben, mit dem er offen reden kann. Doch dann geschehen Dinge, die ihn auch an Millie zweifeln lassen.

Eine spannende Verfolgungsjagd in Ost-Berlin

Das sehr spannende Hörbuch ist zum einen ein toller Bericht über die DDR. Vieles wird ganz nebenbei erwähnt, manches auch etwas ausführlicher erklärt, weil Paul beispielsweise seinen Onkel danach fragt. Eine weitere Handlungsebene nimmt die abenteuerliche Geschichte um die Vorgänge im Pergamon-Museum ein. Paul und Milena spielen Detektiv, doch aus der harmlosen Schnüffelei wird schnell eine sehr ernste Angelegenheit mit schlimmen Konsequenzen. Die dritte Ebene ist der Blick zurück auf die Geschichte der Göttin Ishtar, Babylons und des Ishtar-Tors, die eine wichtige Rolle spielt. Onkel Henri erzählt Paul und Milena erstmals davon, als sie ihn im Museum besuchen, später gibt es immer weitere Informationen. Das bedeutet, dass eine unheimliche Menge an Sachinformationen übermittelt werden. Das könnte leicht zu viel werden, ist es aber nach meinem Empfinden aber nicht, weil alles so gut in die Handlung integriert ist.

Toller Mix aus Fakten und spannender Handlung

Ich finde die Geschichte gleichzeitig sehr spannend und sehr informativ. Niemand weiß hier, wem er trauen kann, nicht einmal der eigenen Familie, die Atmosphäre ist daher meist etwas angespannt, das kommt sehr gut rüber. Sehr gut gefällt mir, dass die Geschichte nicht endet, als es einen Einschnitt in Pauls Leben gibt (ich will hier nicht zu viel verraten), sondern dass auch noch in die Zukunft geblickt wird und schließlich eine endgültige Aufklärung der Ereignisse erfolgt, die mit Überraschungen verbunden ist. Man hat sich eben doch nicht alles ganz richtig zusammengereimt. Der Hörer weiß also niemals mehr als Paul und muss ebenso wie er ziemlich lange warten, bevor er alles versteht.

Vorleser Stefan Kaminski gelingt es, die Stimmungen gut aufzugreifen und den Personen viel Leben einzuhauchen.

Zusatzinfos im Booklet

Obwohl das meiste im Hörbuch erklärt wird, enthält das Booklet ein vierseitiges DDR-Glossar, in dem man Informationen zu Schlagwörtern wie Arbeiter- und Bauernstaat, Fahnenappell, SED oder Wanze nachlesen kann. Außerdem enthält es eine doppelseitige Berlinkarte, auf der die Schauplätze wie die Museumsinsel, der Bahnhof Friedrichstraße, das Theater am Schiffbauerdamm und das Metropol Hotel eingezeichnet sind.

Fazit

Spannend, informativ, lehrreich – ein empfehlenswertes Hörbuch für Kinder von 10 bis 14 Jahren, aber auch Erwachsene langweilen sich nicht, das geschickt DDR-Geschichte mit einer spannenden Krimi- und Spionagehandlung verbindet.

Cover_Krause_LabyrinthderLügen

Ute Krause: Im Labyrinth der Lügen. Gelesen von Stefan Kaminski. cbj 2016. 4 CDs, 4 Std. 25 Min., Euro 12,99, ISBN 978-3-8371-3420-9.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – über Buchhandel.de – und in der örtlichen Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.