Moritz Stetter: Bonhoeffer

Der Pfarrer und Theologieprofessor Dietrich Bonhoffer widersetzte sich dem Naziregime von Anfang an. Zunächst leitete er ein illegales Priesterseminar, in dem Theologen für eine Arbeit in der Bekennenden Kirche ausgebildet wurden. Nach dessen Schließung begann er, sich auch politisch zu engagieren und arbeitete für den Geheimdienst. Vor allem suchte er nach Unterstützung im Ausland. Obwohl er sich mehrfach im Ausland – also in Sicherheit – befand, kehrte er immer wieder nach Deutschland zurück, um bei seiner Familie zu sein. 1943 verlobte er sich. Kurz darauf kamen die Nazis hinter seine Aktivitäten und verhafteten ihn, verurteilten ihn zum Tode und richteten ihn schließlich im April 1945 hin.

Seine Aufzeichnungen und Briefe, die aus der Haft geschmuggelt werden konnten, zeigen seine Gedanken und Gefühle während der Haft. Beispielsweise entstand hier das bekannte Gedicht “Von guten Mächten”, das heute ein beliebtes Kirchenlied ist.

Zweifellos ist Bonhoffers Leben ein beeindruckendes Beispiel für den Widerstand gegen das NS-Regime und auch dafür, wie man auch in äußerst schwierigen Lebenssituationen  in seinem Glauben an Gott festhalten kann. Es ist wichtig, dass auch junge Leute von Menschen wie Bonhoffer erfahren. Doch wie kann man sie erreichen?

Moritz Stetter setzte Bonhoffers Leben in Form einer Graphic Novel um. Eindrucksvolle Schwarzweißbilder greifen wichtige Episoden heraus, zeigen ihn als Kind, als engagierten Studenten, jungen Pfarrer, lehrenden Professor, Familienmensch, Widerstandkämpfer und schließlich als Gefangenen. Die kurzen Texte geben sehr komprimiert, aber dennoch umfassend über die Ereignisse Auskunft. Obwohl das Buch schnell durchgelesen ist, erfahren die Jugendlichen doch sehr viel. Meinem Sohn hat das Buch sehr gut gefallen, obwohl er zugab, einige Textpassagen, die Bonhoeffer wörtlich zitieren, nicht ganz verstanden zu haben.

Ich fand ebenfalls, dass diese Textpassagen ohne nähere Erläuterung zu schwierig für Jugendliche sind, anderseits ermölichen sie einen Einblick in Bonhoeffers Gedankenwelt und sind sicherlich notwendig. Außerdem fand ich, dass die vielen Zeitsprünge die Lektüre etwas kompliziert machen. Eines allerdings hat mich wirklich gestört: dass ein Klischee bedient und Pastor Franz Hildebrand, hier unkommentiert als „Halbjude“ bezeichnet, mit einer großen Hakennase gezeichnet wurde. Die rassischen Bezeichnungen gehören zur Sprache des Dritten Reiches und sollten meiner Meinung nach nicht verwendet werden. Genauso gut hätte man beispielsweise „dessen Mutter/Vater Jüdin/Jude war“ schreiben und auf die nazitypische bildliche Darstellung verzichten können.

Diese Kritikpunkte sind allerdings nicht so schwerwiegend, ich empfehle das Buch auf jeden Fall für Jugendliche ab 16 Jahren (zumindest sollten sie sich schon mit dem Dritten Reich befasst haben) und junge Erwachsene. Die Altersempfehlung des Verlages, 13 Jahre, erscheint mir ein wenig früh. Ich selber würde eine „normale“ Biografie allerdings vorziehen … 😉 , sicherlich wird es den meisten Erwachsenen ähnlich gehen.

Moritz Stetter: Bonhoeffer. Gütersloher Verlagshaus 2010, Graphic Novel, 110 Seiten, Euro 14,99, ISBN 978-3-579-07050

6 Kommentare zu “Moritz Stetter: Bonhoeffer

    • Vielen Dank für den Link zu der hörenswerten Besprechung. Das ist wirklich eine sehr interessante Einschätzung beider Bücher. Wenn Metaxas Darstellung so ungewöhnlich und „amerikanisch“ ist, würde das ja bedeuten, dass ich noch eine Biografie lesen müsste … 😉 Gut, aber nicht gleich!
      Die Graphic Novel habe ich mittlerweile auch verschenkt, auch dem Beschenkten hat sie sehr gut gefallen.

      Gerade habe ich entdeckt, dass im Sommer „Luther“ von Ihnen herauskommt. Ich habe es mir gleich notiert, damit ich daran denke!

  1. Danke für die Vorstellung dieses interessanten Buches. Kann es mir gut als Geschenk für meinen Sohn vorstellen.

    Klasse finde ich auch, dass Herr Stetter kommentiert und sein Halbwissen zugibt. Mir war das übrigens auch nicht bewusst, aber nachdem man es liest ist es einem sofort klar und ich habe mich gefragt, wieso mir das nie vorher sauer aufgestossen ist. Es ist so wichtig auf seine Sprache zu achten und seine Worte sorgsam zu wählen. Daher danke Daniela für das Schließen einer Bildungslücke und für die Empfehlung eines guten Buches.

    • Es freut mich, dass Du es interessant findest. Bestimmt wäre das Buch etwas für Deinen Sohn, er ist ja im passenden Alter, glaube ich.
      Ja, gerade wenn es um die Nazizeit geht, muss man seine Worte sehr vorsichtig wählen. Oft sind es an und für sich ganz „normale“ Worte, die nur durch die Verwendung durch die Nazis ihre Unschuld verloren haben. Mir hat die Lektüre von Victor Klemperers „LTI” (Lingua Tertii Imperii – Die Sprache des Dritten Reichs) die Augen geöffnet, seitdem bin ich da viel aufmerksamer. – Auch ein Buch, das ich wieder einmal lesen sollte!

  2. Danke für ihre Gedanken zu meiner Graphic Novel.

    Dass der Begriff “Halbjude” Nazijargon ist, wurde mir leider erst klar, als das Buch bereits gedruckt war. Wird bei einer 2. Auflage ersetzt.
    Die “Hakennase” war nicht meine Intention, ich habe versucht aus dem sehr wenigen Fotomaterial zu Hildebrand einen Charakter zu formen, ohne dabei an “rassische” Merkmale gedacht zu haben.

    Ich kann aber verstehen, dass in Verbindung mit dem unglücklichen Begriff bei ihnen ein ungutes Gefühl entstand. Das bedaure ich.

    Abschliessend möchte ich anmerken, dass die Zeiten wo “Comics” (ein in Deutschland gebräuchlicher Begriff für eine Kunstform, die so viel mehr kann als lustig und trivial zu sein) nur für Kinder gedacht sind, hoffentlich auch hierzulande bald endgültig vorbei sind.
    (Ich bekomme jedenfalls auch viele Rückmeldungen von erwachsenen Lesern)

    Davon abgesehen vertrete ich die Meinung, dass es allgemein nicht schadet, den Leser, ob jung oder alt, zu fordern und vielleicht auch mal zu überfordern. Vielleicht macht es ja neugierig, führt zu eigenen Gedankengängen oder gar zum Griff zu weiterführender Lektüre.

    Mit den besten Grüßen,

    Moritz Stetter

    • Vielen Dank für Ihre Reaktion! Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass es nicht schaden kann, den Leser zu fordern, ggf auch etwas zu überfordern. Mein Sohn hatte die schwierigen Passagen auch von sich aus mit keinem Wort erwähnt, als ich ihn nach seiner EInschätzung fragte, erst als ich ihn nach dem Lesen konkret darauf ansprach. Und natürlich haben Sie recht, dass anspruchsvolle Comics durchaus auch von Erwachsenen gelesen werden – da hatte ich vielleicht zu sehr die Micky Maus lesenden Kinder im Hinterkopf! Übrigens habe ich mir fest vorgenommen, demnächst eine Bonhoeffer-Biografie zu lesen, zumindest bei mir hat es also gefruchtet.

      Ich finde es gut, dass der Begriff “Halbjude” in einer zweiten Auflage gestrichen wird. Es kann sein, dass mir die Nase ohne diese Bezeichnung gar nicht derart unangenehm aufgefallen wäre. Und ich habe ja wirklich keine Ahnung, wie Hildebrand tatsächlich aussah.

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