Als Karl Heinrich Stülpner 1762 im Erzgebirge geboren wird, herrschen unruhige Zeiten. Rücksichtslose Soldaten ziehen durch das Land, was beinahe dazu führt, dass der Junge sein Leben nach wenigen Tagen bereits wieder verloren hätte. Doch er ist zäh, wie sich auch später immer wieder zeigen wird, und überlebt. Aber die kinderreiche Familie ist arm, der Tod des Vaters macht es noch schwieriger, alle zu ernähren. So wird der zehnjährige Karl bei einem Förster untergebracht und erlernt dort die Tätigkeit, die sein ganzes weiteres Leben prägen und dominieren soll: die Jagd. Diese ist damals den adeligen Waldbesitzern vorbehalten. Karl lässt sich davon nicht aufhalten. Die Bauern unterstützen ihn bei seiner verbotenen Tätigkeit, sie rufen ihn, wenn das Wild überhand nimmt und ihre Felder verwüstet, verstecken ihn und seine Beute und helfen beim Weiterverkauf.
Mehrmals meldet sich Karl zum Militär, dank der deutschen Kleinstaaterei gab es dafür genug Möglichkeiten. Er kämpft beispielsweise als peußischer Soldat gegen die Franzosen. Aber er hat er Schwierigkeiten, sich an die Militärdisziplin zu halten, regelmäßig wird er beim Wildern erwischt. Mehrfach desertiert er, seine Flucht bringt ihn unter anderem nach Böhmen und Österreich. Doch immer wieder zieht es ihn zurück ins heimische Erzgebirge, zu seiner Mutter.
Sein abenteuerliches Leben bildet die Grundlage für dieses Hörbuch. Spannend wird vorgetragen, wie Karl sich immer mehr in seinen illegalen Aktivitäten verstrickt – einmal belagert er sogar die Burg Scharfenstein –, und es doch immer wieder schafft, seinen Kopf gerade noch aus der Schlinge zu ziehen. Das führt dazu, dass das einfache Volk beginnt, ihn nach und nach als Held zu verehren. Zwischengeschoben werden Informationen über die höfische Jagd oder die heutige Darstellung Stülpners durch den Scharfensteiner Burgführer Ralph Görner. Durch den regelmäßigen Sprecherwechsel und die gelungene Hinterlegung mit Geräuschkulissen und Musik wird das Zuhören an keiner Stelle ermüdend, im Gegenteil, man wird zeitweilig regelrecht ins Geschehen hineingezogen. Lediglich das Sächsisch Görners fand ich ein wenig anstrengend …
Fazit: Es muss nicht immer Robin Hood sein. Auch in unseren Breiten gab es volksnahe Rebellen, deren Leben auch für uns noch von Interesse ist. Für die Sachsen ist Stülpner wohl genauso ein Volksheld wie Klaus Störtebeker für die Norddeutschen – aber viel weniger bekannt. Das könnte sich nun ändern.
Was mir auch gefällt: Viele Bücher und Hörbücher betrachten Geschichte vor allem aus der Sicht der Herrschenden. Hier dagegen erfährt der Zuhörer auch einmal etwas über das schwere Leben der einfachen Menschen.
Jens und Joerg Fieback ist es gelungen, Stülpners Leben unterhaltsam und lehrreich zu präsentieren. 72 Minuten, die in Windeseile vergehen – für Große und Kleine ab etwa 8 Jahren. Das liebevoll gestaltete 24-seitige Booklet bietet weitergehende Informationen, zum Beispiel über Stülpner-Biografien oder die Geschichte der Jagd und einen Überblick über Stülpners wichtigste Lebensdaten. Ach ja, und sollte die Stimme des Hauptsprechers jemandem bekannt vorkommen: K. Dieter Klebsch ist u. a. die Synchronstimme von Alec Baldwin in Dr. House …
Hörproben gibt es auf der Website des Zeitbrücke-Verlags.
Jens und Joerg G. Fieback: Karl Stülpner. Robin Hood der sächsischen Wälder. Zeitbrücke-Verlag, 72 Minuten, 24-seitiges Booklet, Euro 12,95, ISBN 978-3981471700
Inhalt:
Prolog
Kindheit und Jugend
Die höfische Jagd
Kriegsjahre und Desertion
Stülpners Wanderjahre
„Das große Treiben“
Die Burgbelagerung von Scharfenstein
Stülpners große Liebe
Stülpners alte Tage
Sprecher: K. Dieter Klebsch, Dana Friedrich, Martin Arnhold, Historiker Prof. Dr. Werner Rösener zur Geschichte der Jagd, Stülpner-Darsteller Ralph Görner