Astrid Lindgren: Niemals Gewalt

Astrid Lindgren: Niemals Gewalt

Plädoyer für Kinderrechte

1978 erhielt Astrid Lindgren als erste Kinderbuchautorin den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Als sie ankündigt, über Kinderrechte sprechen zu wollen, hätte man sie beinahe wieder ausgeladen. 1978 war es in Deutschland noch selbstverständlich, dass Eltern ihre Kinder schlagen durften, und man empfand das als Affront. Sie kam dennoch und hielt ihre inzwischen berühmt gewordene Rede, die in diesem Büchlein abgedruckt ist. Ebenfalls erhalten ist ein Textfragment aus den 50er Jahren, „ Ich würde mir wünschen“, das sich dem gleichen Thema widmet.

Das Vorwort von Dunja Haylali, das Nachwort von Silke Witendorf und eine Zeittafel helfen den Leserinnen und Lesern dabei, die Hintergründe und die Bedeutung der Rede zu verstehen.

Über den Frieden sprechen heißt ja über etwas sprechen, was es nicht gibt. Wahren Frieden gibt es nicht auf unserer Erde und hat es auch nie gegeben, es sei denn als Ziel, das wir offenbar nicht zu erreichen vermögen.

Starke Worte

Astrid Lindgrens Werke sprechen Kinder heute noch genauso an wie vor 40 Jahren. Doch sie wollte Kindern nicht nur wunderbare Fantasiewelten eröffnen, sondern ihr Wohlergehen lag ihr auch darüber hinaus am Herzen. Sehr deutlich sah sie auch, dass der Umgang einer Gesellschaft mit Kindern dafür verantwortlich ist, wie diese sich entwickelt. Wie sollte es jemals Frieden auf der Welt geben, wenn man schon Kindern gegenüber Gewalt anwendet?

Können wir nicht versuchen, eine ganz neue Art Mensch zu werden? Wie aber sollte das geschehen, und wo sollte man anfangen?

Ich glaube, wir müssen von Grund auf beginnen. Bei den Kindern.

Lindgren erläutert, dass sie nicht daran glaubt, dass manche Menschen von Natur aus Böse sind, sondern es darauf ankommt, ob die Erwachsenen, die Gesellschaft, diejenigen, denen das Kind anvertraut ist, ihm zeigen, was Liebe ist oder eben nicht. Dann wirft sie einen Blick auf frühere Methoden der Kindererziehung und vergisst nicht, ihre Meinung über das Bibelzitat „Wer die Rute schont, verdirbt den Knaben“ zu äußern. Als Fazit fordert sie Erziehung ohne Gewalt.

Auch wenn sich die rechtliche Lage seit 1978 verändert hat und Kinder heute, auch dank Lindgren, mehr Rechte haben, liegt immer noch vieles im Argen. Lindgrens Appell hat nichts von seiner Bedeutung verloren, ihre Rede ist immer noch berührend und wichtig.

Gelebte Solidarität mir Kindern

Als sehr hilfreich habe ich das Nachwort von Silke Weitendorf empfunden, einer Verlegerin des Oetinger-Verlages. Sie ordnet die Rede ein, weist zum Beispiel darauf hin, dass in Deutschland 1978 die Prügelstrage an Schule noch erlaubt war. (Das hat mich gewundert und ich habe nachgeschlagen, das variierte je nach Bundesland stark, in Hamburg gab es schon 1969 eine entsprechende Dienstanweisung, Bayern war 1980 das letzte Bundesland, erst 2000 erhielten Kinder durch eine Änderung des BGB das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung.) Weitendorf zeigt, wie ihre eigene Kindheit Lindgren geprägt hat und wie sich ihre Prinzipien in ihren Büchern zeigen, beispielsweise bei der alleine lebenden unkonventionellen Pippi Langstrumpf. Sie erläutert Lindgrens Lebensweg, die Wirkung einiger Werke, vor allen Die Brüder Löwenherz und weist auf ihr Engagement in späteren Jahren hin: für benachteiligte Kinder, für Tiere, für den Frieden.

Dunja Hayali dagegen schildert zunächst einmal, was Lindgren ihr in ihrer Kindheit bedeutet hat, bevor sie auf unseren Umgang mit Kindern und die aktuelle gesellschaftliche Situation eingeht.

Das alles ist nicht nur interessant zu lesen, sondern gibt vor allem viel Stoff zum Nachdenken. Lindgrens Worte sind leider heute noch ebenso (zu)treffend und wichtig wie 1978.

Fazit: Eine wichtige Rede, die uns heute noch viel zu sagen hat, mit guter Einordnung.

Ich habe zwei Exemplare des Büchleins erhalten. Wenn ihr daran interessiert seid, meldet euch bitte in den Kommentaren. Ich schicke es dem oder der Ersten gerne zu.

Astrid Lindgren: Niemals Gewalt! Mit einem Vorwort von Dunja Hayali. Aus dem Schwedischen von Anna-Liese Kornitzky. Oetinger 2017. 80 Seiten, Euro 5,00, ISBN 978-3-7891-0789-4.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.