Pinkus Tulim: Jo Raketen-Po

Der kleine Jonathan hat ein Problem. Er pupst. Nun, das ist nicht ungewöhnlich, das kann vorkommen. Aber wenn Jonathan pupst, kommt das eher einer Explosion gleich. Und das hat Folgen. Beispielsweise, dass ausgerechnet die Ehefrauen der Honoratioren der kleinen Stadt Blähingen durch die Luft geschleudert werden und im Teich des Stadtparks landen. Das ruiniert leider die Karriere des städtischen Angestellten Bernhard Vogel, Jonathans Vater, was ihm dieser extrem übelnimmt. Seine Mutter Arabella sorgt dafür, dass ihr Sohn möglichst nicht unter die Leute kommt und unterrichtet ihn selbst. Als er neun Jahre alt wird, soll jedoch auch für ihn die Schule beginnen. Seine Mutter sucht Hilfe bei Dr. Flatalul Bum, der die Erklärung für sein Leiden findet: Je mehr Klugscheiße in der Umgebung des Jungen verzapft wird, desto größer die blähende Wirkung und desto lauter der unausweichliche Pups. Doch er weiß Abhilfe und verschreibt Jonathan Froschpillen. Obwohl das Pupsen dadurch ausbleibt, wird Jonathan in der Schule schikaniert. Doch eines Tages kommt eine neue Schülerin : Charlotte, genannt Scha Scha Zinsel. Sie kennt das Problem aus eigener Erfahrung, freundet sich mit Jonathan an und gibt ihm neuen Mut. Sie ist es auchm die ihm den Namen Jo Raktenpo gibt und ihm von indischen Kunstpupsern erzählt. Eines Tages müssen die beiden aus der Schule flüchten. Mithilfe eines enormen Pupses fliegen sie davon. Ihr Ziel: Indien …

Okay, zimperlich sollte man nicht sein, wenn man dieses Buch liest oder seinen Kindern vorliest oder sich das Hörbuch anhört. Denn es wird mächtig viel gepupst, weshalb es auch mit einer entsprechenden Warnung an geruchsempfindliche Leser beginnt. Dafür musste der Autor sich eine Menge Lautmalereien einfallen lassen. Das macht Kindern natürlich großen Spaß. Das Abenteuer von Jo und Charlotte ist originell (auch wenn es mich anfangs in einigen Punkten ziemlich an Doktor Proktors Pupspulver erinnerte). Zuerst hat der Leser Mitleid mit dem armen kleinen Jonathan, der von seinem Vater ignoriert, von den den Lehrern gemobbt und einigen Mitschülern schikaniert wird. Als jedoch die mutige Charlotte ins Spiel kommt, gewinnt die Geschichte zunehmend an Fahrt und über das das überraschende Happy End freuen sich Kleine und Große gleichermaßen.

Ein schönes Kinderbuch mit hübschen, lustigen Illustrationen (siehe hier), mit dem ich dennoch nicht ganz glücklich bin:

Ich bin sicher nicht zimperlich, aber bei dem Satz: „Muss der kleine Bastard etwa kotzen?“ (S. 23) musste ich doch heftig schlucken. Das geht doch weit über den bei uns üblichen Umgangston hinaus …

Die Sprache des Ballonfahrers Wendelinus Sprüngli ist zu schwierig für Kinder. Mein Sohn ist fast 12 und hat zum Teil falsch übersetzt, zum Teil nichts verstanden. Wenn man bedenkt, dass das Buch für Kinder ab 8 empfohlen wird, die gerade erst Lesen gelernt haben, kann man sich ausrechnen, dass das nicht funktioniert. Mein Sohn fand es auch sehr anstrengend, diese Abschnitte zu lesen:

„Gstadde. Wendelinus. Wendelinus Sprüngli. I bin uff Weltreis! Wie gahts Ihne? Wer seits? Und woher kömmts?“, fragte er. „Seits ausm Flugi gfalle? S is so a schöns Wätter hoid. Hans eich an Fenschter uffgmacht im Flugi? Des isch gfährlich!“

Besser klappt es damit beim Hörbuch und vermutlich auch beim Vorlesen. Aber wer will schon beim Vorlesen den Übersetzer spielen?

Das Hörbuch macht großen Spaß. Christoph Maria Herbst liest die verschiedenen Charaktere mit unverwechselbaren Stimmen und die verschiedenen Pupse sehr abwechslungsreich. 😉 Ein Video der Aufnahme mit Herbst gibt hier einen schönen Eindruck.

Die größte Gefahr bei dem Buch: Entweder, die Kinder wollen hinterher auch Kunstpupser werden oder sie entgegnen bei etwaigen strafenden Blicken mit Kommentaren à la: „Was kann ich denn dafür, bei so viel Klugscheiße.” Da muss man dann durch, wohl oder übel.

Ich denke, das Hörbuch ist durchaus für Kinder ab 8 Jahren oder sogar etwas früher geeignet, für das Buch sollten die Lesefertigkeiten schon recht gut sein – oder jemand liest den Kindern vor.

Pinkus Tullin: Jo Raketen-Po. Lausbuch 2011. Illustrationen von Anton Riedel. 164 Seiten, Euro 12,95, ISBN 978-3-940273-03-1.

Pinkus Tullin: Jo Raketen-Po. Gelesen von Christoph Maria Herbst. Schall und Wahn 2011. 2 CDs, ungekürzte Lesung, 158 Minuten, Euro 9, 99, ISBN 978-3-8371-1096-8.

4 Kommentare zu “Pinkus Tulim: Jo Raketen-Po

  1. Pingback: Lesechallenge geschafft! « Wortakzente

  2. Pingback: Lesechallenge: Es wird knapp « Wortakzente

  3. Pingback: Lesechallenge 2012: Das erste Vierteljahr « Wortakzente

  4. Pingback: Lesechallenge 2012 « Wortakzente

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.