Eva Moraal: Zwischen uns die Flut

Nach mehreren großen Überschwemmungen gibt es die Niederlande so, wie wir sie kennen, nicht mehr. In höheren Gebieten, die von Mauern umgeben und von Wachmannschaften bewacht werden, wohnen die Reichen und Mächtigen, genannt die „Trockenen“. In niedriger gelegenen Gebieten, wo es nach wie vor gefährlich und die Infrastruktur in teilweise sehr schlechtem Zustand ist, wohnen die armen „Nassen“. Die beiden Gruppen verachten einander. Nachdem ihre trockene Schule überschwemmt und vernichtet wurde, muss Nina eine Schule in einem nassen Viertel besuchen. Da sie die Tochter des bei den Nassen verhassten Gouverneurs ist, ist sie unter falschem Namen angemeldet. Ein Lehrer zwingt sie, für ein Referat mit dem nassen, aufbrausenden Max zusammenzuarbeiten. Durch ihn erfährt sie, dass ihr Vater die Schuld am Tod von Max’ Vater und zahlreichen anderen Männern trägt. Nach und nach wird ihr bewusst, wie unmenschlich das System ist und sie findet Max immer sympathischer. Doch als ihre wahre Identität herauskommt, wird Nina entführt.

Immer wieder lesen wir in den Medien Artikel über Klimaveränderung, Erderwärmung und steigende Meeresspiegel. Dabei werden häufig auch Karten gezeigt, welche Gebiete bei einem Anstieg um x Meter überschwemmt würden. Doch welche Auswirkungen dies im Einzelnen auf die betroffenen Menschen haben würde, bedenkt man nicht. Wie würde es weitergehen, nachdem sehr viele Menschen gestorben sind, die Überlebenden entweder ihre Wohnung verloren haben oder, weil sie das Glück haben, in einem höhergelegenen Gebiet zu wohnen, zusammenrücken müssen? Wie sähe es mit der Versorgung aus, wenn das Land dermaßen knapp würde? Es ist völlig logisch, dass Verteilungskämpfe ausbrechen würden. Zur Zeit von Moraals Erzählung hat sich die Gesellschaft schon wieder so weit sortiert, dass der Alltag funktioniert. Vielen Menschen geht es aber sehr schlecht, bei den Nassen brodelt es, wenn sie die Privilegien der Trockenen sehen und es ist fast eine logische Folge, dass sich irgendwann Widerstandsgruppen bilden.

In diesem Szenario lernen Nina und Max einander kennen und beginnen sich nach anfänglicher Abneigung zu mögen. Aber in dieser Gesellschaft ist kein Platz für eine Beziehung, vor allem als einige Widerstandskämpfer herausfinden, wer Nina wirklich ist. In dem Maße, in dem Nina erkennt, wie unmenschlich die von ihrem Vater vertretene Regierung ist, wird dies auch den Lesern bewusst.

Spannend und durchaus glaubwürdig schildert Moraal die Folgen der weitreichenden Überschwemmungen und darin eingebettet die Beziehung von Max und Nina. Das Einzige, was ich nicht nachvollziehen konnte, war, dass mehrfach erwähnt wird, das es keine Beziehungen zu Nachbarländern mehr geben soll. Schließlich sind gerade die höhergelegenen Gebiete der Niederlande mit Deutschland, Luxemburg und Belgien verbunden und es erscheint mir unwahrscheinlich, dass man Jahre nach einer solchen Katastrophe nicht wieder Handelsbeziehungen aufgebaut hätte – es existieren Autos, die Straßen in den nicht betroffenen Regionen wären ja weiterhin vorhanden, die Technik ist weit entwickelt, es gibt ein digitales System zur Nachrichtenübermittlung, über das die Schüler sogar ihre Hausaufgaben übertragen. Aber abgesehen davon konnte ich mir gut vorstellen, dass solche oder ähnliche Entwicklungen eintreten würden.

Das Buch gefällt mir sehr gut, dazu sieht der blaue Schnitt sehr gut aus. Allerdings kleben dadurch die Seiten aneinander. Das hatte ich noch nie bei einem Buch mit gefärbtem Schnitt und fand es auf Dauer doch recht nervig.

Eine spannende Dystopie mit einigem Hintersinn für Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene.

Cover_Moraal_ZwischenunsdieFlut

Eva Moraal: Zwischen uns die Flut. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Oetinger 2015. 511 Seiten, Euro 14,99, ISBN 978-3-8415-0351-0.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.