Patricia Schröder: Tilla, Zwieback und der verrückte Eisenbahnwaggon

Tilla Pupilla lebt mit ihren Eltern an einem alten Güterbahnhof abseits der Stadt. Tilla hat einen eigenen roten Eisenbahnwaggon, in dem sie viel Zeit verbringt. Ihr Vater Anton ist Erfinder, weil aber viele Erfindungen nicht hundertprozentig funktionieren, streitet die Eltern oft. Eines Tages hat Tilla die Nase voll und beschließt, wegzufahren. In der Nacht schiebt sie den Waggon zum nächsten Bahnhof, koppelt ihn an einen wartenden ICE und los geht es! Ja, Tilla kann das, weil ihr Vater Wachstumskekse und einen Stärkeumwandler erfunden hat. Als ihr die Gegend gefällt, koppelt sie ihren Waggon ab und sucht sich einen Platz auf einem alten Gleis. Sie findet mit Merle und Felix neue Freude, löst mit ihnen ein Rätsel und kümmert sich darum, was es mit dem komischen Kinderheim auf sich hat. Dabei darf sie aber nicht vergessen, sich um Zwieback zu kümmern, ihre riesenhafte Fledermaus. Werden sich ihre Eltern versöhnen, damit sie wieder nach Hause zurückkehren kann? Tilla ist sich sicher, dass sie spüren wird, wenn es soweit ist.

Welches Kind träumt nicht ab und zu davon, seine Familie einfach hinter sich zu lassen und in die Welt zu ziehen? Tilla tut es. Sie kann es, weil sie dank der Erfindungen ihres Vaters über besondere Fähigkeiten verfügt. Das Buch greift viele Themen auf, die Kinder beschäftigen wie streitende Eltern, die Suche nach Freunden, ungerechte Bestrafungen. Sie sind jedoch in eine fantasievolle Geschichte mit vielen skurrilen Elementen verpackt, sodass die Botschaften eher unterschwellig ankommen. Tilla sieht, wo etwas ungerecht ist oder nicht mit rechten Dingen zugeht. Sie überwindet ihre Angst, überlegt eine Strategie, nutzt die Erfindungen ihres Vaters schlau und löst die Rätsel.

Tilla ist ebenso sympathisch wie die plappernde, draufgängerische Merle und ihr zurückhaltender, ängstlicher Bruder Felix. Die Erwachsenen sind dagegen eher unsympathisch. So bestrafen Felix’ Eltern ihren Sohn um den lieben Friedens in der Nachbarschaft willen, obwohl sie wissen, dass er unschuldig ist – das geht ja gar nicht! Und Felix nimmt das auch noch einfach hin. Zum Glück kümmern sich Tilla und Merle darum, seine Unschuld zu beweisen!

Die Erfindungen Anton Pupillas sind klasse. Auch wenn das Buch in der realen Welt spielt, bekommt sie dadurch manchmal vermeintlich magische Elemente. Das Coverbild trifft die Geschichte sehr schön, die Bleistiftzeichnungen im Text unterstützen die Vorstellungskraft, rauben aber nicht die Möglichkeit, sich das Geschehen selber vorzustellen.

Die Geschichte wird nicht von Tilla erzählt, sondern von einem unbekannten erwachsenen Erzähler, der gleich zu Beginn warnt:

Ich werde dir hier nämlich einen richtig dicken Bären aufbinden.

Alles nur gelogen? Ach was! 😉

Ein mal lustiges, mal spannendes Buch für alle zwischen 8 und 12 Jahren, die sich gerne mal aus der wirklichen Welt verabschieden und in einer Fantasiewelt verschwinden.

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Patricia Schröder: Tilla, Zwieback und der verrückte Eisenbahnwaggon. Kerle 2015. 208 Seiten, Euro 9,99, ISBN 978-3-451-71253-1.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in der Buchhandlung um die Ecke.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.