Hidde liebt Insekten, die er in einem Kellerraum unter dem Schuppen hält, den seine Mutter nicht kennt. Nach dem Einzug hatten die drei Brüder ihn entdeckt und geheimgehalten. Der Älteste, der krank war, ist gestorben, der Zweitälteste, Jeppe, hatte Hidde den Kellerraum damals überlassen. Doch nun findet Jeppe, er solle den Kellerraum bekommen, um dort Musik machen zu können. Hippe möchte ihn nicht hergeben. Ein regelrechter Krieg zwischen den Brüdern bricht aus. Hidde schreibt alles in einem Heft nieder und erwähnt auch ein schreckliches Geheimnis. Soll er es verraten? Als Jeppe das liest, flippt er aus …
Vom Ende her gesehen, ist Krasshüpfer ein grandioses Hörbuch. Der letzten der vier CDs habe ich atemlos gelauscht und nur sehr ungern eine Pause eingelegt. Alles, was in den vorangegangenen fast vier Stunden vorbereitet wurde, kulminierte, eskalierte, die Handlung überschlug sich. Klasse! Aber leider wurde dies alles etwas ausführlich vorbereitet. Auch wenn ich die Handlung durchaus interessant fand, hatte sie doch Längen. Es wiederholte sich zu viel. Hidde, der sich Nachmittag für Nachmittag im Keller verbarrikadiert. Jeppe, der ihn mit lautstarker Musik beschallt und ihn bedroht. Die Mutter, die so sehr leidet und mit sich selbst beschäftigt ist, dass sie nichts mitbekommt. Und wieder ein neuer Tag im Keller bei den Insekten … Immer wieder die Rede von einem Geheimnis. Ich ahnte irgendwann grob, um was es sich handeln könnte, habe es aber nicht ganz getroffen. Aber ich war zwischendurch mal an einem Punkt, an dem es mir eigentlich egal war, weil man zu oft vertröstet wurde.
Die Protagonisten sind sehr gut herausgearbeitet: der schüchterne, unbeholfene, vereinsamte Hibbe, der keinen Freund hat, in der Schule ausgelacht wird, seine Insekten liebt und alles über sie weiß. Jeppe, der ruppige, fiese, der in seiner Musik aufgeht und sich damit von etwas ablenkt, was ihn belastet. Die Mutter, die offensichtlich die Trennung vom Vater der Kinder und den Tod ihres ältesten Sohnes nie verkraftet hat, die nie richtig zuhört, arbeitet, bis sie fast zusammenbricht und, wie Hibbe sagt, fast unsichtbar ist. Das Klima in der Familie habe ich als sehr bedrückend empfunden, die Kinder, die alleine den Tod ihres Bruder verarbeiten müssen, taten mir sehr leid. Mit ihrer Art ecken sie oft an, aber zum Ende hin gibt es bei beiden Lichtblicke.
Ich höre Martin Baltscheit sehr gerne und auch diese Lesung ist sehr gut. Allerdings passiert es manchmal, dass er aus Hibbes kindlicher Stimme „herausrutscht“ und der Junge für einen Moment zu erwachsen klingt.
Wer bis dahin durchhält, wird mit einem fulminanten Ende belohnt. Für alle von 10 bis 15 Jahren.
Simon van der Geest: Krasshüpfer. Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. IGEL 2016. 4 CDs, 302 Minuten, Euro 24,99, ISBN 978-3-7313-1127-0.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.