Zurück in der magischen Welt von Harry Potter
Achtung: Ich wollte zwar nicht spoilern, aber ganz lässt es sich einfach nicht vermeiden. Also besser erst lesen, wenn ihr das Buch selbst schon gelesen habt.
19 Jahre später. Wieder warten Kinder auf den Hogwarts-Express und bangen davor, in welches Haus der Sprechende Hut sie einsortieren wird. Als Harry und Ginny Potters Sohn Albus Severus nach Slytherin kommt und sich dort ausgerechnet mit Draco Malfoys Sohn Scorpius befreundet, behaupten die Eltern zwar, dass das gar kein Problem für sie ist, doch wirklich glücklich ist vor allem Harry nicht darüber.
Albus hat große Probleme mit seinem Vater. Er, das mittlere Kind, fühlt sich ungeliebt. Immer wieder gerät er mit seinem Vater aneinander. Er hat das Gefühl, etwas Herausragendes leisten zu müssen, um seine eigene Existenzberechtigung zu beweisen. Deswegen lässt er sich auf ein riskantes Abenteuer ein, das die ganze Welt in den Abgrund stürzen könnte.
Im Prinzip ist Albus ein recht typisches Kind berühmter Eltern, das von dem ganzen Rummel nur genervt ist. Vor allem fragt er sich, ob er jemals aus seinem Schatten wird treten können, zumal er nicht so brillant wie sein älterer Bruder und im „falschen“ Haus gelandet ist. Aus purem Trotz und auch ein wenig Abenteuerlust unternimmt er eine Menge gefährlicher Dinge, in die er seinen Freund mit hineinzieht. Seine Art ähnelt in sehr vielem seinem Vater, aber dennoch ist Albus nicht unbedingt ein sympathischer Protagonist, er ist so eckig und abweisend wie es viele Pubertierende nun einmal sind. Auch Harry scheint sich in der Vaterrolle nicht unbedingt wohlzufühlen. Als vielbeschäftigter Ministeriumsbeamter trifft er oft nicht den richtigen Ton, verletzt seinen Sohn schwer und löst dadurch die folgenden Ereignisse erst aus. Scorpius dagegen ist nicht so, wie man einen Sohn Dracos erwarten würde, seine mäßigende, beschwichtigende Art war mir sehr sympathisch.
Und dann taucht noch eine wichtige Figur auf, Delphi, über die ich nicht viel sagen kann, da ich sonst zwangsläufig spoilern würde.
Ja, und wie hat mir dieses neueste Abenteuer von Harry Potter nun gefallen? Ich bin ein wenig unschlüssig, keinesfalls begeistert. Der Anfang zog sich sehr: wiederholte Abschiedsszenen am Bahnhof mit immer älter werdenden Kindern, weil man erst einmal ein paar Jahre vorankommen musste. Kaum Hogwarts-Flair. Familienzoff. Hmm.
Als dann die Handlung endlich in die Gänge kam, fand ich es zeitweise doch ziemlich spannend. Wieder geht es um ein Kind, auf dem eine Prophezeiung liegen soll, und zwar eine ziemlich schreckliche. Um welches Kind könnte es sich dabei handeln? Zeitreisen drohen die Welt völlig zu verändern, was auch ihr Ziel ist. Allerdings kommt es nicht zum erwünschten Ergebnis.
Hierbei kommt es zu einigen Logikfehlern. Wenn beispielsweise jemand in die Vergangenheit reist, ist sein aktuelles Ich dort ja auch vorhanden, wie wir eindrücklich gesehen haben, als Harry, Ron und Hermine sich vor Hagrids Hütte versteckten und sich selbst beobachteten. Hier gibt es eine Person, die sich in der anderen Zeitebene selbst ersetzt. Außerdem werden alle Regeln gebrochen, von denen wir in Bezug auf Zeitreisen bisher erfahren hatten. Da stolperte ich einige Male. Auch finde ich die Existenz Delphis, ihre ganze Geschichte nicht glaubhaft.
Die Entwicklung der altbekannten Charaktere Harry, Ginny, Hermine, Ron und Draco fand ich nur teilweise nachvollziehbar.
Ron war albern, selbst in Situationen, wo es darauf ankam, und wurde völlig auf diese Rolle reduziert. Ich hätte mir für ihn auch einen anderen Beruf vorgestellt.
Hermine, die immer die super verantwortungsvolle Schülerin war, hat einen Beruf, in dem sie sehr viel Verantwortung zu tragen hat, macht aber einen Fehler, oder besser eine Reihe von Fehlern, die überhaupt nicht zu ihrem Wesen passen – weil es für die Handlung erforderlich ist.
Harry ist teilweise wirklich unsympathisch und eklig, was mich ein wenig traurig machte. Müsste er sich nicht ein wenig besser in seinen Sohn hineinversetzen können, der Ähnliches erlebt wie er? Und wie er Personen gegenüber, die er früher einmal respektierte, den hochrangigen Beamten heraushängen lässt, hat mich erschreckt. Natürlich kann sich ein Mensch verändern, aber will ich als Leserin eine so radikale Veränderung meines früheren Helden zum Schlechteren? Nicht wirklich.
Nur Draco und Ginny fand ich relativ glaubhaft.
Ansonsten tauchen sehr viele Figuren auf, die wir aus den vorherigen sieben Bänden kennen. Das war teilweise unterhaltsam, teilweise hatte ich aber auch den Eindruck, dass man sie nur um des Namedroppings willen eingebaut hat.
Vielleicht trägt zum eher negativen Gesamteindruck auch bei, dass ich nicht sehr gerne Theaterstücke lese. Aber das hatte ich gewusst und mich auch relativ schnell eingelesen. Ich glaube nicht wirklich, dass das der Grund war, wobei dadurch natürlich zu in die Tiefe gehenden Beschreibungen und Charakterisierungen fehlt.
Insgesamt fand ich die Lektüre teilweise durchaus unterhaltsam und phasenweise auch spannend. Allerdings zog sich der Anfang und die vielen Fehler rissen mich immer wieder aus dem Lesefluss. Dass ich das Buch zwischendurch immer wieder beiseitelegte und in einem anderen Buch weiterlas oder lieber im Internet herumdaddelte, spricht Bände. Von den anderen Bänden habe ich mich immer nur sehr unwillig gelöst und halbe Nächte durchgelesen, sogar als ich stillte und eigentlich jede Minute Schlaf gebraucht hätte. Von diesem Zauber der Serie war hier nichts zu spüren.
Die meisten Fans werden sich nicht verkneifen können, das Buch zu lesen. Ich befürchte, dass viele enttäuscht sein werden. Aber wer als die Fans sollte es überhaupt lesen?
J. K. Rowling, John Tiffany, Jack Thorne: Harry Potter and the Cursed Child. little brown 2016. 343 Seiten, Euro 19,99, ISBN 978-0-7515-6535-5.
Bei Amazon. Die deutsche Ausgabe, Harry Potter und das verwunschene Kind, erscheint am 24. September
Mich hat bisher abgeschreckt, dass es als Theaterstück geschrieben ist. Damit sind zu viele Erinnerungen an Pflichtlektüren in der Schule verbunden.
Nachdem ich jetzt deine Rezension gelesen habe, bin ich froh, dass ich es gar nicht angefangen habe. Der Fortgang der Geschichte gefällt mir ja gar nicht. Schade. Ich stimme mit Dir überein, dass wohl sehr viele Fans sehr enttäuscht sein werden.
Erst am 24. September erscheint der offizielle deutsche HP-Band 8. Warten müssen ist so cool wie im Stau stehen. Clevere Potter-Fans machen jetzt die Übersetzungs-Challenge auf http://www.schwarmuebersetzen.org : Du übersetzt 4 Seiten aus dem Original #Harry_Potter_And_The_Cursed_Child und kannst noch in diesem Monat den neuen HP-Band auf Deutsch lesen. Sei stolz auf das Englisch, das du gelernt hast, und sichere dir den Vorsprung durch http://www.Schwarmuebersetzen.org
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Erstens kann ich ja Englisch. Zweitens hat solche Spannung meine Söhne dazu gebracht, Bücher im Original zu lesen. Und drittens lohnt sich der Aufwand für dieses Buch nicht besonders, finde ich. Wobei vier Seiten hier flott übersetzt wären, das gebe ich zu.