Zwei Männer, einer davon mit Gepäck, gehen in Richtung Bahnhof. Dort verabschieden sie sich voneinander. Der eine steigt in einen Zug in die Provence, der andere versichert, ihm jede Woche Geld schicken zu wollen. Später finden die Leser heraus, dass es sich bei dem Reisenden um Vincent van Gogh handelt, bei dem anderen Mann um seinen Bruder Theo. In Form eines Comics, unterbrochen von Briefen, wird von diesem Zeitpunkt an das Leben Vincent van Goghs geschildert: sein unermüdliches gehetztes Malen, seine Geldsorgen, der Kampf gegen das Unverständnis seiner Zeitgenossen, sein Versuch, sich mit anderen Malern zusammenzutun, seine Monologe über das Malen, seine Zusammenbrüche, seine Zeit im Sanatorium. Auch die Bemühungen Theos, Vincents Gemälde zu verkaufen, werden gezeigt.
Und ein Künstler, der nichts verkauft, ist ein Nichtsnutz.
Das denken die meisten Leute.
Wir sind der Abschaum der Gesellschaft, du und ich.
Aber wenn man Freunde hat, die im gleichen Boot sitzen, steht man nicht allein da.
Durch die Comicform wird es Kindern und Jugendlichen niedrigschwellig und, wie ich finde, sehr gelungen ermöglicht, etwas über das Leben und Werk des berühmten Malers zu erfahren. Die Texte basieren oft auf Briefen, wenn nicht ohnehin Ausschnitte aus dem Briefwechsel zwischen den beiden Brüdern abgedruckt sind, sodass sie sehr authentisch wirken.
Besonders hat mich beeindruckt, wie es den Bildern gelingt, den schwankenden Geisteszustand van Goghs wiederzugeben: Da bewegen sich Linien, verzerren sich, die Luft beginnt zu flimmern, Farben, Formen, Größen ändern sich. Andere Zeichnungen sind dagegen sehr schlicht, zeigen einzelne Blumen, Blüten, Ähren, Wolken, Details, auf die van Gogh achtete und die er malte. Man erlebt mit, wie er einige seiner berühmten Werke erschafft.
Mein lieber Vincent,
deine letzen Gemälde haben mich sehr nachdenklich über den Geisteszustand gestimmt, in dem du sie angefertigt hast. Allesamt besitzen sie eine Farbintensität, die du vorher nicht erreicht hast, was bereits bemerkenswert ist, aber du bist weitergegangen.
Fazit: Sehr gelungene und spannend zu lesende Comic-Biografie über Vincent van Gogh für Leserinnen und Leser von 10 bis 14 Jahren.
Barbara Stok: Vincent. Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann. Seemanns Bilderband 2016. 144 Seiten, Euro 19,95, ISBN 978-3-8650-2381-0.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – über Buchhandel.de – und in eurer Lieblingsbuchhandlung.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.