Einsamer Weg durch einen finsteren Wald
Ein bitterkalter Winter kurz nach dem Krieg. Das Kind wohnt weit außerhalb des Dorfes, der Weg zur Schule führt durch einen düsteren Wald und dauert etwa eine halbe Stunde. Als die Freunde vom Nachbarhof krank sind, mag das Kind nicht alleine gehen, aber seine Mutter schickt es trotzdem los. Immerhin, zum Trost bekommt es ein dick belegtes Wurstbrot mit, etwas Besonderes in dieser Zeit des Hungers. Es ist noch dunkel, als das Kind losgeht, und es hat Angst. Mitten im Wald hört es plötzlich ein Geräusch: ein Soldat auf dem Heimweg, ein Gewehr auf dem Rücken. Der sehr bedrohlich wirkende Mann ist hungrig. Er bietet dem Kind an, es vor Wölfen zu beschützen, wenn es sein Brot mit ihm teilt. Wölfe? Das Kind behauptet, es gebe keine, teilt aber sein Brot.
Ich holte das Brot heraus. Die Wurst roch so gut, dass mir fast schwindelig wurde. Ich brach es in der Mitte auseinander und gab dem Soldaten die Hälfte.
„Ich habe keine Angst vor Wölfen“, log ich, „weil es bei uns überhaupt keine mehr gibt.“
Dann ziehen Soldat und Kind in verschiedener Richtung weiter. Doch plötzlich nimmt das Kind eine Bewegung wahr: ein Wolf!
Währung zum Überleben: Wurstbrot
Ist es Wahrheit? Ist es Fantasie? Wenn man allein in einem düsteren Wald unterwegs ist, hört man Geräusche, entdeckt merkwürdige Schatten und bildet sich leicht etwas ein. Die Begegnungen dieses Kindes scheinen real zu sein, doch spricht die Geschichte auch die bewussten oder unbewussten Ängste der Leser an.
Das Kind erzählt selbst, was ihm an diesem Tag im Wald widerfahren ist. Text und Bilder haben einen bedrohlichen Unterton, sind aber gleichermaßen faszinierend. Der dunkle Wald, in dem das Kind klein und verlassen wirkt, ist beeindruckend dargestellt. Die Bilder sind toll, auch die Covergestaltung mit der goldenen Schrift ist sehr schön.
Zu der Geschichte wird man einige klärende Worte sagen müssen: Wie war das nach dem Krieg? Warum zogen Soldaten umher und wieso war ein simples Wurstbrot etwas Besonderes? Aber die Zuhörer können die Ängste des Kindes gut nachvollziehen, den Wunsch, einfach zu Hause im Warmen zu bleiben und auch das Teilen des Brotes.
Fazit: Begeisternde Bilder und eine ungewöhnliche, nachdenklich machende Geschichten machen dieses Bilderbuch zu etwas ganz Besonderem. Wunderschön, spannend und stellenweise atemberaubend für Kinder von 5 bis 7 Jahren.
Ulrike Möltgen, Kilian Leypold: Wolfsbrot. Kunstanstifter 2017. 32 Seiten, Euro 24,00, ISBN 978-3-942795-52-4.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.