Grammatik für visuelle Menschen
Eine Grammatik in Bildern? Als ich davon gehört habe, war sofort klar, dass ich dieses Buch lesen muss. Ich konnte mir nämlich überhaupt nicht vorstellen, wie das umgesetzt werden kann. Geht das also? Ja, es geht, sogar ziemlich gut!
Der Inhalt dieser Grammatik unterscheidet sich zunächst einmal nicht groß von dem anderer Grammatiken: Substantiv, Artikel, Adjektiv, Pronomen, Verb, Präposition, Konjunktion, Adverb, Satzglieder, Satzarten – das wird alles vorgestellt und erklärt.
Das Buch arbeitet viel mit Klappen. So ist beim ersten Begriff, Substantiv, auf der Außenseite der Klappen die Erklärung zu lesen:
Das Substantiv (Hauptwort) oder Nomen bezeichnet Personen, Tiere oder Dinge. Man schreibt es am Anfang mit einem Großbuchstaben.
Öffnet man die Klappe, geht es weiter mit Numerus. Links werden Beispiele für Singular gezeigt (der Mann, die Mutter, die Orange, das Heft, die Flasche), rechts für Plural (die Männer, die Mütter, die Orangen, die Hefte, die Flaschen), alles in dreifarbigen Zeichnungen.
Natürlich kann nicht alles durch Zeichnungen erklärt werden. Komplizierte Sachverhalte erfordern mehr Text. Doch auch dieser ist grafisch gestaltet. Besonders schön finde ich beispielsweise die Illustration der Satzarten. In einem dicken roten Punkt steht „Ich liebe dich“, darunter: Aussagesatz. In einem riesigen Ausrufezeichen steht „Wie schön!“, darunter: Ausrufesatz und in einem riesigen Fragezeichen „Willst du mich wiedersehen?“, darunter: Fragesatz. Es folgen noch Aufforderungssatz und Wunschsatz. Das ist so eingängig, weil auf den ersten Blick verständlich.
Andere Herangehensweise
In den Bewertungen auf Amazon wird die Auswahl der Bilder bemängelt. Die Plural-Männer küssen sich, die Plural-Mütter spielen (angeblich klischeehaft) mit einem Kind, das Femininum wird nicht nur durch die Vase, die Trompete, die Maus u. a. visualisiert, sondern auch durch die Kippa und die Shisha. Das empfinden einige offensichtlich als zu viel politische Korrektheit. Mit Shisha und Kippa könnten einige Kinder nichts anfangen, meinen die Rezensenten. Richtig, das glaube ich auch. Für andere Kinder ist es aber etwas Vertrautes und ich finde, das schadet keineswegs, sondern ist wunderbar. Warum nicht die Vielfältigkeit der Welt zeigen? Wer weiß, ob jedes Kind schon mal eine Trompete gesehen hat. Die küssenden Männer finde ich super, weil sie ganz beiläufig, selbstverständlich gezeigt werden. Garantiert stört sich daran kein Kind, höchstens manche Erwachsenen. Und warum die Mütter mit Kind klischeehaft sein sollen, weiß ich auch nicht. Das würde ich so empfinden, wenn der Begriff „Frauen“ gewesen wäre, aber um „Mütter“ zu visualisieren, braucht es nun mal ein Kind.
Gute grafische Umsetzung
Übrigens bin ich der Meinung, dass dieses Buch keineswegs nur für Kinder geeignet ist. Warum auch? Wer gerade Deutsch lernt und angesichts unserer nicht geraden einfachen Grammatik manchmal verzweifeln könnte, findet hier dank einer anderen Herangehensweise vielleicht einen leichteren Zugang. Das könnte auch für all diejenigen gelten, die Grammatik (oder manche Teile davon) in der Schule nie kapiert haben, sich aber grundsätzlich dafür interessieren und ihr noch eine Chance geben wollen. Und wer Grammatik lehrt, wird vielleicht die eine oder andere Idee für seinen Unterricht mitnehmen können oder das Buch dafür nutzen. Und wer sich beruflich damit befasst, so wie ich, findet es möglicherweise einfach spannend, wie man so etwas umsetzen kann.
Ich finde Idee und Umsetzung jedenfalls sehr gelungen.
Fazit: Einmal eine ganz andere Herangehensweise an Grammatik, die nicht nur Spaß macht, sondern auch all denjenigen, die mit Grammatik ihre Probleme haben, einen Zugang dazu eröffnen. Für Kinder ab 8 Jahren und ohne Altersbegrenzung nach oben für alle, die sich mit der deutschen Grammatik beschäftigen wollen oder müssen.
PS: Gerade stelle ich fest, dass meine Rezension zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommt: Die erste Auflage ist ausverkauft, die zweite im Druck, was wegen der aufwendigen Klappentechnik aber bis Juli dauern wird. Offenbar sind noch mehr Menschen von diesem Buch so angetan wie ich! Wer interessiert ist, kann die Grammatik ja einfach vorbestellen.
Susanna Rieder, Johannes Rieder, Arinda Crăciun, Carsten Aermes: Hunde im Futur. Eine Grammatik in Bildern. Susanna Rieder Verlag 2021. 128 Seiten, Euro 25,00, ISBN 978-3-94841-21-6.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
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