Jochen Weeber, Fariba Gholizadeh: Was ist bloß mit Gisbert los?

Gisbert ist eine ziemlich große junge Giraffe. Gisbert kann tolle Sachen machen. Zum Beispiel kann er durch das Fenster im fünften Stock schauen und fernsehen, mit seinen Freunden spielen und wenn er müde ist, legt er seinen Kopf einfach über einen Ast und macht ein Nickerchen. Aber dann passiert es: Immer wenn ein anderes Tierkind eklig zu ihm ist oder sich über ihn lustig macht, schrumpft er. Wenn seine Eltern ihn fragen, ob etwas nicht in Ordnung ist, behauptet er immer, alles sei gut. Aber irgendwann ist es nicht mehr zu übersehen. Gisbert ist todunglücklich und wird sogar krank. In dieser Zeit macht er sich viele Gedanken, schüttet seinen Eltern sein Herz aus und fühlt sich danach sogar wieder etwas besser. Als er wieder gesund ist, geht er zu den anderen Kindern auf den Spielplatz. Aber was ist das? Sie haben ihn vermisst und freuen sich, dass er wieder da ist. Ihnen tut es leid, dass sie blöde Sachen zu Gisbert gesagt haben. Und da passiert es: Gisbert wächst und wächst, schießt mit seinem Kopf durch das Dach des Spielhäuschens und ist wieder so groß wie früher.

„Ohne dich hat ganz schön was gefehlt“, gestanden seine Freunde einstimmig.
„Ohne dich klingt unser Orchester total langweilig!“, erklärte das Nilpferd.
„Ohne dich kommen wir gar nicht über den Fluss“, sagte der Löwe.
Alle nickten.
„Tut uns leid, dass es dir nicht gut ging, Gisbert. Das wollten wir nicht.“

Sehr geschickt wird hier ein Gefühl, das vermutlich jeder kennt, visualisiert und in eine Geschichte umgesetzt. Wenn man verspottet wird, fühlt man sich tatsächlich, als würde man schrumpfen. Das Selbstbewusstsein tut es auf jeden Fall. Nur kann man das normalerweise nicht sehen. Doch Gisbert wird tatsächlich kleiner. Das können die kleinen Zuhörer sehr gut verstehen und nachempfinden, sodass das Buch auch ein sehr schöner Gesprächsanlass sein kann. Hat das Kind sich auch schon einmal so gefühlt wie Gisbert? Oder gibt es ein Kind im Kindergarten, das oft ausgelacht wird? Ob es sich auch so fühlt, als würde es immer kleiner werden? Gut gefällt mir auch, dass die anderen Kinder durch Gisberts Fehlen merken, dass sie sich falsch verhalten haben. Ob ihnen jemand ihr Fehlverhalten vor Augen geführt hat oder ob sie selber darauf gekommen sind? Das erfährt der Leser nicht. Aber Gisbert ist auf jeden Fall glücklich, dass er nicht mehr gepiesackt wird.

Die großen, farbenfrohen Bilder illustrieren Gisberts Erlebnisse sehr schön: Anfangs sieht man ihn neugierig durch das Fenster des Hochhauses schauen, zwischendurch hängt sein Kopf immer weiter hinab, dann schaut er durch das Fenster des untersten Stockwerks. Als am Schluss sein Kopf durch das Dach des Spielhäuschchens kracht, steht ein bunter Regenbogen am Himmel. Es gelingt den Bildern sehr gut, Gisberts Gefühle zu vermitteln.

Ein sehr gutes Buch, um mit Kindern von 4 bis 6 Jahren über Hänseleien, Mobbing und die damit verbundenen Gefühle ins Gespräch zu kommen.

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Jochen Weeber, Fariba Gholizadeh: Was ist bloß mit Gisbert los? Patmos 2016. 24 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-8436-0701-8.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in der nächsten Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.