Kathi Appelt, Alison McGhee: Renn, Senna, renn

Kathi Appelt, Alison McGhee: Renn, Senna, renn

Schwesterliebe

Auch wenn sie sich manchmal streiten, sind die Schwestern Sylvie und Jules ein Herz und eine Seele. Ihre Mutter ist schon vor längerer Zeit gestorben. Gemeinsam mit ihrem Vater leben sie in ihrem Haus auf einem großen, abgelegenen Grundstück, das von einem reißenden, sehr gefährlichen Fluss begrenzt wird. Eigentlich dürfen die Mädchen nicht in seine Nähe gehen, aber sie werfen immer wieder Wunschsteine hinein – Steine, auf die sie einen Herzenswunsch geschrieben haben.

Eines Tages, als Sylvie vor der Schule nur noch schnell einen Stein in den Fluss werfen will, passiert es: Sie stolpert, fällt ins Wasser und wird von den reißenden Fluten mitgerissen. Für Jules und ihren Vater bricht die Welt zusammen. Als Jules nach langer Pause wieder in die Schule geht, entdeckt sie aus dem Schulbus einen Fuchs. Immer wieder taucht das Tier in den nächsten Tagen auf. Senna, die junge Füchsin, wurde in dem Moment geboren, in dem Sylvie starb. Sie hat eine wichtige Nachricht für Jules. Schließlich folgt Jules ihr in den Wald.

Eine Kinderseele findet Trost

Die Zuhörer lernen die beiden Schwestern an einem Wintermorgen vor der Schule kennen. Jules sortiert zum wiederholten Mal ihre Steinsammlung, Sylvie schlägt vor, draußen noch schnell eine Schneefamilie zu bauen – vielleicht zum letzten Mal, da das Ende des Winters naht. Die beiden lieben das. Sie ziehen einfach Anoraks und Stiefel über ihre Schlafanzüge und legen los. Die Schilderung wird immer wieder vom Rückblick auf andere gemeinsame Erlebnisse unterbrochen: Sylvies Leidenschaft fürs Rennen, die Wünsche, die sie auf ihre Wunschsteine schreiben, Jules wenige Erinnerungen an ihre Mutter, das Leben mit ihrem Vater, die Abenteuer mit ihrem gemeinsamen Freund Sam, das Schicksal von dessen großem Bruder Elk, der in Afghanistan seinen besten Freund verlor, und die Legenden des Waldes.

Wichtige Themen des Buches sind Verlust, Trauer, familiärer Zusammenhalt, brennende Wünsche.

Nach Sylvies spurlosem Verschwinden, für das Jules sich verantwortlich fühlt, ist alles anders. Doch plötzlich ist da dieser Fuchs, der immer wieder auftaucht. Wir als Zuhörer haben das Leben dieses Fuches, Senna, schon von seiner Geburt im dunklen Bau an mitbegleitet. Senna Mutter hat gleich gespürt, dass dieses Kind etwas Besonders ist, und so ist es auch.

Schließlich verweben sich die Schicksale des Menschenmädchens Jules und des Fuchsmädchens Senna.

Traurig-schöne Geschichte

Ich habe dieses Hörbuch als sehr ungewöhnlich empfunden. Obwohl die Geschichte natürlich auch schnelle, dramatische Phasen hat, ist schreitet die Erzählung langsam voran. Wir bekommen genug Zeit, um die Schwestern und ihre Gefühle kennenzulernen, sie bei ihren Aktivitäten zu begleiten. Zwischendurch wird Sennas Geschichte erzählt: ihre Geburt, die Spiele mit ihren Geschwistern, das erste Herauskommen aus dem Bau, die Sorgen ihrer Mutter über das ungewöhnliche Wesen ihrer Tochter. Schließlich die ersten Begegnungen. Das war einmal etwas ganz anderes. Besonders gut haben mir die Schilderungen des Waldes und des Flusses gefallen, die sehr atmosphärisch waren.

Wer jetzt vielleicht denkt, dass ich mit „langsam“ langweilig meine, der irrt. Diese Erzählweise war sehr angenehm, sie nahm sich die Zeit, die nötig war, ohne zu hetzen. Es passierte (in der Gegenwart oder in den Rückblicken) sehr viel, als Zuhörerin ahnte ich schon die Auflösung einiger Geheimnisse, lag dabei aber nicht in allen Fällen richtig. Das Ende war sehr überraschend, dann überschlagen sich plötzlich die Ereignisse und ich hatte mit nichts von dem gerechnet, was geschah. Es war traurig, aber trotzdem im Großen und Ganzen schön und befriedigend. Nur das Ende war mir ein bisschen zu viel. Musste das nach allem, was schon geschehen war, auch noch sein?

Natürlich ist die ganze Geschichte sehr traurig, aber nicht auf eine Weise, dass ich mich schlecht gefühlt hätte oder nicht mehr weiterhören wollte. Trotz allem birgt sie Hoffnung in sich. Der Stil ist literarisch, die Lesung von Johann von Bülow fesselnd und seine Stimme sehr angenehm.

Fazit: Eine traurig-schöne Geschichte über ein Mädchen, das nach dem Tod seiner Schwester durch die Freundschaft mit einem Fuchs langsam wieder ins Leben zurückfindet. Geeignet für Kinder ab 10 Jahren, die offen dafür sind, auch mal etwas anderes zu hören als actionreiche Abenteuergeschichten, und mit emotionalen Geschichten umgehen können.

Kathi Appelt, Alison McGhee: Renn, Senna, renn. Ungekürzte Lesung von Johann von Bülow. Aus dem amerikanischen Englisch von Uwe-Michael Gutzschhahn. DAV 2018. 4 CDs, 4 Stunden 43 Minuten, Euro 14,99, ISBN 978-3-7424-0632-3.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

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