Auf der Suche nach einem besonderen Talent
Bei den Littels ist es üblich, dass jedes Kind ein besonderes Talent hat: zum Kräuter erkennen, Geschichten erzählen, backen, schmieden, gärtnern, schneidern oder waschen. Manche können auch das Wetter vorhersagen oder singen – irgendetwas zum Wohle der Gemeinschaft. Meist zeigt sich dieses Talent schon sehr früh, spätestens aber bis zum Abschluss der Grundschule. Doch bei Flohling zeigt sich da nichts. Er hat schon alle Berufe ausprobiert, dabei aber grundsätzlich Chaos produziert.
Da grinste Flohling wieder. Kichernd erinnerte er sich an die Versuche, sein verborgenes Talent aufzuspüren. In den letzten zwei Jahren hatte er sicherlich hundert Talente ausprobiert. Einmal hatte er in der Littelmühle ausgeholfen und dabei aus Versehen die ganze Mühle von innen und außen mit Mehl bestäubt. Wie lustig war es zugegangen, als sie alle wie die Gespenster herumgelaufen waren!
Zum Schulabschluss bekommt er ein Zeugnis mit einer Lücke und dem Hinweis, dass er gerne später wiederkommen kann, wenn er seine Berufung gefunden hat. Alle anderen werden nach den Ferien ihre Ausbildung beginnen, nur er nicht. Was nun?
Zusammen mit seiner Freundin Lisbet bricht er schließlich in den Norden auf. Dort leben eine Tante und ein Freund seines Großvaters, die Talente haben, die es in Flohlings Dorf nicht gibt. Sein eigentliches Ziel ist aber die geheimnisvolle weise Frau Lilvis, die angeblich einsam auf einem Berg leben soll.
Floh und Lisbet werden von einem Spatz und einer Kröte begleitet, die ihnen häufig helfen können. Unterwegs begegnen sie sonderbaren Wesen, müssen einige Gefahren überstehen und Flohling, der besonders gut mit Tieren umgehen kann, rettet einige Tiere aus Lebensgefahr. Am Ende seiner Reise hat er selber erkannt, was sein besonderes Talent ist – etwas, was außer ihm niemand kann!
Der Junge, der nichts kann
Andere Kinder wären vermutlich am Boden zerstört, aber Flohling hat so ein sonniges Gemüt, dass er selten lange grübelt. Er hält sich gerne im Wald auf, wo er viel mit Tieren zusammen ist. Deswegen schlägt er seinen Eltern auch vor, sich um die Tiere im Dorf zu kümmern, aber diese lehnen das ab, weil es die Aufgabe der kleinen Littelinge ist. Man merkt also eigentlich schon am Anfang, in welche Richtung sein Talent geht. Während der aufregenden Reise in den Norden wird es immer klarer. Lisbet erkennt es schließlich, denkt aber, dass Floh selbst darauf kommen muss. Und auch die kleinen Zuhörerinnen und Zuhörer werden bemerken, dass Floh eine ganz besondere Fähigkeit hat. Warum das in seinem Dorf niemandem auffällt? Das fragen sich am Ende alle, das kommt wahrscheinlich daher, dass es keins der üblichen Talente ist.
Eine Reise zu sich selbst
Flohling erhofft sich von der Reise, dass ihm die weise Frau sagt, wo sein Talent liegt. Im Wirklichkeit ist es aber eine Reise zu sich selbst, die seiner Selbsterkenntnis dient. Seiner Freundin Lisbet, die ein Verstandsmensch ist und mit Flohlings Bauchentscheidungen oft ein Problem hat, geht es ähnlich. Sie geht nur mit, weil sie sich Sorgen um ihn macht und ihn nicht alleine lassen will, doch auch sie lernt viel über sich und gewinnt mehr Selbstbewusstsein.
Beide Wichtelkinder sind sehr sympathisch. Sie sind unterschiedlich und ergänzen sich recht gut, auch wenn Lisbet sich manchmal selbst im Weg steht. Das ist aber deswegen nicht schlimm, weil Floh sich von ihr nicht bremsen lässt. Seine gute Laune steckt alle an. Man kann gar nicht anders, als ihn gern zu haben.
Alle Littelinge, Tiere und sogar ein Riese sind richtig nett. Keiner schimpft, keiner ist grausam, alles geht immer gut aus. Das ist eine wunderbare Geschichte für kleine Kinder, die mit den Buchhelden Abenteuer erleben wollen, ohne hinterher nicht schlafen zu können.
Die Schilderungen der Littelgemeinschaft strahlen Liebe und Wärme aus. Man möchte am liebsten bei ihnen am Tisch sitzen, Nussmilch trinken, Holundersuppe essen und sich Geschichten erzählen lassen.
Immer geht alles schief!
Viele der Zuhörerinnen und Zuhörer werden das Gefühl kennen, immer alles falsch zu machen, während allen anderen vermeintlich alles gut gelingt. Dieses Gefühl, am falschen Ort zu sein. Diese Zweifel an sich selbst. Selbst Lisbet, die ihr Talent gut kennt, hat Zweifel. Dieses Buch ist also wunderbar für Kinder geeignet, die an sich zweifeln, die schusselig oder ungeschickt sind oder sich einfach nur langweilig oder durchschnittlich finden. Vielleicht ist ein Geschwisterkind sehr musikalisch, ein anderes sportlich. Nur es selbst kann nichts Herausragendes. Solchen Kindern kann diese Geschichte sicher Mut machen. Einige Talente brauchen einfach länger, um sich zu zeigen.
Der Text ist kindgerecht, gut verständlich und lässt sich gut vorlesen. Er ist schon sehr umfangreich, aber die Kapitel haben eine angenehme Länge. Die Welt der Waldwichtel ist schön ausgearbeitet, man kann sie sich richtig gut vorstellen. Dazu tragen natürlich auch die vielen Bilder bei, die mir von der Art richtig gut gefallen. Niedlich! Aber ich konnte es schon als Kind nicht ausstehen, wenn die Bilder nicht richtig zum Text passten. Das ist hier leider teilweise der Fall. Die Kinder werden von einem Spatz begleitet, auf den Bildern ist ein weißer Vogel zu sehen. Na gut, vielleicht sehen Spatzen in dieser Welt anders aus, kann man sich denken. Aber beim Riesentransport sitzt der kleine Vogel unter Flohs Mütze, nicht auf der Hand. Die Kröte müsste eigentlich größer sein, da sie Floh tragen kann. Und in einer aufregenden Szene am Schluss transportiert Floh die verletzte Lisbet in einem Korb, wobei er selbst im Wasser schwimmt, um zu steuern. Auf dem Bild jedoch sitzen die vier Freunde gemeinsam in einem Boot. Das ist schade, tut der wunderschönen Geschichte jedoch zum Glück keinen Abbruch.
Fazit: Eine wunderschöne Geschichte voller Wärme für Kinder von 5 bis 7 Jahren, die, wie der kleine Flohling, noch auf der Suche nach ihren Talenten und Fähigkeiten sind. Außerdem für alle, die gerne mit zwei pfiffigen Wichtelkindern spannende Abenteuer erleben wollen.
Sandra Grimm, Anja Grote: Der kleine Flohling. Abenteuer im Littelwald. Oetinger 2018. 224 Seiten, Euro 15, ISBN 978-37891-0884-6.
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