Großstadt mit Kindern?
Wenn man mit Kindern in einer Großstadt unterwegs ist, sollte man sich vorher genau überlegen, was man unternehmen möchte. Stundenlanges Herumlaufen und Besichtigen finden sie oft stinklangweilig und quengeln dann. Deswegen schlagen in diesem Reiseführer Marco und Amalia, Zeichentrickfiguren, 19 Touren vor.
Wir garantieren dir, dass du auf jeder Tour ein paar spannende Geheimnisse und coole Fakten der Stadt kennenlernst.
Die meisten Touren sind in Manhattan, aber auch in den anderen Stadtbezirken gibt es das eine oder andere zu entdecken. Die Sehenswürdigkeiten werden jeweils in einem Foto oder einer Zeichnung gezeigt und in einem kurzen Text erläutert. Dazwischen finden auch Boxen mit allgemeinen Infos Platz. Fußspuren zeigen die Route, und so erfährt man, dass man die erste Route in der Wall Street beginnt und in welchen Straßen die nächsten Punkte sind.
Die Informationen über die einzelnen Sehenswürdigkeiten sind natürlich sehr knapp. Oft gelingt es aber trotzdem, Dinge unterzubringen, die nicht alltäglich sind und die nicht in jedem Reiseführer stehen. Auch die bunte Gestaltung im Comic-Style mit den vielen Infohäppchen gefällt Kindern gut, auch wenn sie auf den ersten Blick etwas unübersichtlich wirkt (zumindest für Elternaugen).
Keine Routenvorschläge, eher Besichtigungstipps
Leider finde ich den Reiseführer aber nicht wirklich tauglich, zumindest nicht bei der Verwendung, für die er auf den ersten Blick gemacht zu sein scheint: Routen zum Ablaufen oder -fahren. Die erste Route heißt „Straßenleben“. Sie beginnt an der Wall Street, führt unter anderem zur UNO und endet am Columbus Circle. Als ich den Reiseführer vor unserem Urlaub angeschaut habe, ist mir gar nicht aufgefallen, dass diese Ziele sehr weit auseinanderliegen. Man würde also ziemlich viel Zeit in der U-Bahn verplempern. Sehenswürdigkeiten in der Nähe der Wall Street werden dagegen gar nciht genannt, weil sie zu einem anderen Themenkomplex gehören.
Das nächste Thema sind Wolkenkratzer. Nun ist man also in New York, da soll man sich im Queens Museum of Art die Wolkenkratzer in klein anschauen. Natürlich kommt man in einem New-York-Urlaub ohnehin an den ganzen erwähnten Hochhäusern vorbei und kann dann nachlesen, was darüber im Buch steht. Eine Miniaturstadt ist sicher praktisch, um sich einen Überblick zu verschaffen, aber an den echten Ausblick vom Top of the Rocks oder dem Empire State Building kommt das natürlich nicht heran.
Bei einer anderen Route geht es um das grüne New York, dort werden Parks und Grünflächen vorgestellt. Spätestens hier wird klar, dass das keine wirklichen Routen sind, die man ablaufen kann. Der Gramercy Park ist überhaupt nicht öffentlich zugänglich, und niemand würde beispielsweise die High Line am selben Tag besichtigen wollen wie den Central Park, in dem man problemlos einen ganzen Tag verbringen kann. Außerdem ist es ja gerade schön, dann eine Grünanlage zu besuchen, wenn man vorher durch die Straßenschluchten gelaufen ist oder sich ein Museum angeschaut hat.
Eigene Vorgehensweise
Wenn man sich aber von der Idee der Routenvorschläge löst und die Kapitel als thematisch geordnete Besichtigungsvorschläge begreift, wird das Buch doch noch tauglich. Denn dann kann sich das Kind, je nach Interessengebiet, interessante Vorschläge heraussuchen, die dann in den Familienplan eingebaut werden können. Und man kann das Buch, das nicht schwer ist, mitnehmen, um an der jeweiligen Station die durchaus interessanten Anmerkungen dazu vorzulesen. Auch für die Vorbereitung ist es gut. Was gibt es Spannendes zu entdecken? Wo möchte man hin? Da findet man vieles, was in anderen Reiseführern eben nicht steht. Gerade diese kleinen Details sind es, die das Buch lesenswert machen, denn sie sind es oft, die Kinder viel spannender finden als die vielen Zahlen und Fakten aus den Reiseführern der Erwachsenen: Wie viele Imbisswagen gibt es in New York und warum macht der Broadway einen Knick? Wo findet man Gespenster? Und wer weiß schon, dass in der Metropolitan Opera jeder Sitz einen Bildschirm hat, um den Text der Oper in seiner eigenen Sprache zu lesen? Ich jedenfalls nicht. Es ist doch immer nett, wenn auch wir Eltern etwas lernen dürfen.
Ergänzung zum Reiseführer für Erwachsene
Schlecht finde ich, dass es weder bei den einzelnen Routen einen Stadtplan gibt noch einen übergreifenden, bei dem man zum Beispiel sehen könnte, wo in der Nähe ein weiteres Ziel aus dem Buch ist, das man sich anschauen könnte, wenn man ohnehin gerade in der Gegend ist. Teilweise sind auch nur die Sehenswürdigkeiten genannt ohne wenigstens den Straßennamen (wobei die Straßen so lang sind, dass der allein teilweise auch nicht wirklich hilft). Aber wo finde ich beispielsweise den Strand Book Store, Economy Candy oder den Brooklyn Superhero Supply? Ich sehe ja ein, dass wenig Platz ist, aber wenn ich mir alle Infos erst ergoogeln muss, macht mich das auch nicht glücklich. Hier würde vielleicht ein Adressverzeichnis im Anhang helfen.
Manchmal habe ich auch ein paar organisatorische Hinweise vermisst. Es wäre doch schade, wenn man erst erfährt, dass man die UNO besichtigen kann, wenn man davorsteht. Dabei ist es sinnvoll, die Tickets vorher online zu besorgen, da die Besucherzahl begrenzt ist. Das wird im Buch aber nicht erwähnt.
Fazit: Ein Reiseführer für Kinder von 8 bis 12 Jahren mit einer tollen Mischung aus interessanten Tipps und teilweise ungewöhnlichen Hinweisen, der aber ein paar Macken hat.
Moira Butterfield: Komm mit nach New York. Geschichten, Geheimnisse und anderes cooles Zeug. Lonely Planet Kids 2017. 102 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-8297-4492-8.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – bei Buch 7 – im Onlineshop eurer Buchhandlung – und in der Buchhandlung um die Ecke.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.