Ein Freund, der anders ist
Lena hat einen Freund. Er heißt Finn und ist anders, auch wenn Lena gar nicht genau sagen kann, warum er anders ist. Seine Freunde sind auch anders. Sie reden komisch, brummen, schreien oder lachen, wenn sie vorbeigehen. Lenas Mama sagt, sie sind krank.
Lena wohnt mit ihrer Familie in einem schönen Haus mit Garten, Finn wohnt im Heim. Er winkt Lena immer und redet mit ihr, aber sie versteht ihn nicht. Trotzdem fragt sie ihn, wie er heißt.
Er hat ganz stolz „Finn“ gesagt. Immer wieder: „Finn, Finn“. Und auf sich gezeigt. Und gelacht. Nach ganz vorne gezeigt und gesagt, dass er da wohne. Immer wieder: „Da wohn ich“. „Du bist komisch“, habe ich gesagt. „Bin nicht komisch“, hat er gesagt und ist weggegangen, eigentlich ist er gerannt und hat immer wieder „heim, heim, heim“ gerufen.
Lena macht sich eine Menge Gedanken über Finn. Sie findet ihn nett und freut sich, wenn sie ihn trifft. Sie spielen zusammen Ball oder trommeln auf Eimern herum. Seit Finn sie einmal singen gehört hat, möchte er immer, dass sie für ihn singt. Doch dann wünscht er sich, dass sie ihm beim Einschlafen vorsingt. Das geht doch nicht! Das denkt Lena und das sagt auch Mama. Aber der Gedanke geht ihr nicht aus dem Kopf. Da lässt Lena sich etwas einfallen …
Helfen macht glücklich
Lena geht völlig unbefangen mit Finn um, sie ist offen, neugierig und ohne Vorurteile. Finn kann kaum sprechen und sie weiß, dass er krank ist, aber was er genau hat, versteht sie nicht. Es ist ihr auch egal. Als Finn sich etwas sehnlichst von ihr wünscht, lässt ihr das keine Ruhe, bis sie ihm seinen Wunsch erfüllen kann. Damit macht sie Finn unheimlich glücklich und erlebt, dass es einen auch glücklich machen kann, etwas für jemand anderen zu tun.
Finn kann nur wenig sprechen und ist offenbar nicht altersgerecht entwickelt, deswegen lebt er in einem Heim. Auch wenn er sich nicht gut mit Worten artikulieren kann, kann er Lena deutlich machen, was er möchte. Ganz besonders liebt er ihren Gesang. Weil er immer nicht einschlafen kann, wünscht er sich ein Gute-Nacht-Lied von Lena.
Die einzige weitere Person, die in der Geschichte vorkommt, ist Lenas Mutter. Sie erklärt Lena, was es mit Finn und den anderen Kindern im Heim auf sich hat, aber offensichtlich kann sie es nicht so erklären, dass Lena es versteht. Sie hat nichts dagegen, dass Lena mit Finn spielt, unterstützt sie aber nicht dabei, seinen Wunsch zu erfüllen. Das geht eben nicht, meint sie. Doch ihre Tochter ist hartnäckig und voller Fantasie.
Es gibt wenige Geschichten, in denen Kinder mit einer geistigen Behinderung eine wichtige Rolle spielen. In diesem Buch wird Finns Anderssein nicht bewertet, sondern nur beschrieben. Er ist eben so. Für Lena spielt das nach ihrer ersten Verwunderung keine Rolle. Dafür, dass sie ihn akzeptiert, wie er ist, macht ihr Finn am Ende ein großes Geschenk: sein Herz.
Apropos geistige Behinderung. Der Begriff wird eigentlich nicht mehr verwendet, ich weiß, er kommt im Buch auch nicht vor, dort ist nur davon die Rede, dass Finn krank ist. Das ist auch gut so, denn mehr ist zum Verständnis überhaupt nicht nötig. Andere Begriffe, die ich gefunden habe, waren zum Beispiel Lernstörung. Da ich aber nicht weiß, was Finn hat, wusste ich auch nicht, welcher Begriff der richtige wäre. Warum ich den veralteten Begriff trotzdem verwende? Damit diejenigen, die ein Buch suchen, in dem es um solch ein Kind geht, eine Chance haben, es zu finden. „Krank“ hilft da nicht viel weiter. In Rico und Oskar heißt es tiefbegabt. Das wäre vermutlich auch ein treffender Begriff für Finn.
Freundschaft ohne Vorurteile
Lena erzählt über ihre Erlebnisse mit Finn, dabei wird viel wörtliche Rede verwendet. Das spricht die zuhörenden Kinder an, es wirkt fast so, als würde eine Freundin ihnen berichten, ist also ganz nah dran. Daher ist der Bericht auch kindgerecht, es wird nichts erzählt, was Lena nicht versteht und alles nur so, wie sie es versteht. Gefühle spielen eine wichtige Rolle – Lena ist meist froh und gut gelaunt, aber auch mal traurig oder wütend, Finn ist mal fröhlich, mal stolz, mal traurig. Doch wichtig ist nur, dass sie Freunde sind und Lena am Ende für Finn da ist.
Die Bilder sind sehr fantasievoll, sie verfremden die Wirklichkeit und zeigen sie so, wie die Kinder die Welt erleben oder empfinden. Lenas Gesang wogt in farbigen Schwüngen durch die Luft, der Baum wächst bis in ihr Zimmer hinein, ein Wesen schaut aus einem Gulli und die Pflastersteine zeigen ein faszinierendes Muster.
Fazit: Ein fantasievolles Bilderbuch über eine Freundschaft zwischen einem Mädchen und einem beeinträchtigten Jungen.
Katharina Sieg, Thomas J. Haug: Das blaue Herz von Finn. Kunstanstifter 2019. 32 Seiten, Euro 20,00, ISBN 978-3-942795-79-1.
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