Lucas, 17, gehört zu den Kräutersammlern. Seine Arbeit ist hart, es ist kaum möglich, das tägliche Pensum zu erfüllen. Als er eines Abends nach Hause kommt, entdeckt er eine rote Markierung an der Tür. Er weiß, was das bedeutet. Immer wieder werden Jugendliche im Auftrag des Königs von Vermummten abgeholt. Keiner weiß, was mit ihnen passiert. Die Leute vermuten, sie werden getötet. Doch stattdessen landet Lucas in Favilla, einem Internat unter der Erde. Nie dürfen die Schüler ihren unheimlichen Aufenthaltsort unter dem Friedhof verlassen. Sie werden dort nicht nur im Lesen und Schreiben ausgebildet, sondern auch in Alchemie und vor allem in verschiedenen Kampfkünsten. Zu welchem Zweck das dient, bleibt unklar. Schnell finden Lucas und sein Freund Noel heraus, dass merkwürdige Dinge vor sich gehen. Doch es ist sehr gefährlich, Nachforschungen anzustellen …
Lucas hat eine harte Kindheit und Jugend hinter sich. Vielleicht ist es das, was ihm die Kraft gibt, sich im Internat Favilla durchzubeißen. Er will unbedingt so gut werden, dass er zu Außeneinsätzen darf. Er hat zwar keine Ahnung, was dann seine Aufgaben wären, er ist sich nicht einmal sicher, für wen und für welche Sache er kämpfen soll, aber er hofft, dann seinem Bruder helfen zu kommen. Eine große Hilfe ist ihm sein Freund Noel, der ihn beruhigt, wenn er wieder einmal explodiert. Lukas lernt noch andere nette Jugendliche kennen, aber immer wieder muss er an die Warnung denken, die er am ersten Tag erhalten hat: Er soll nicht jedem trauen.
Hier entsteht eine Welt vor den Augen des Lesers, die nichts mit anderen fröhlichen Internatsgeschichten gemein hat. Favilla ist düster und mysteriös, die Schüler werden in Kampftechniken gedrillt, die Übungskämpfe sind hart, Verletzungen werden in Kauf genommen. Es gelten strenge Regeln, Übertretungen werden hart geahndet, es kommt schon einmal vor, dass Schüler einfach verschwinden. Die ganze Umgebung ist sehr freudlos und bedrückend. Ich war schnell von der düsteren Atmosphäre gefangen. Lucas erzählt seine Erlebnisse aus seiner Perspektive, sodass der Leser sehr nah am Geschehen ist. Er ist ein sympathischer Protagonist, ebenso wie sein Freund Noel, ihr Wohlergehen lag mir schnell am Herzen. Die meisten anderen Charaktere sind etwas zwielichtig. Da wir Leser nicht mehr wissen als Lucas, tappen wir ebenso wie er im Dunkeln und sind ebenso überrascht über die Entwicklung am Ende.
Die Handlung hat mich gefesselt. Ich finde sie originell und es entsteht viel Spannung, weil man noch gar nicht so recht weiß, worauf ein hinausläuft. Auch das überraschende Ende warf für mich mehr Fragen auf, als es beantwortete. Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht. Aber das ist kein Problem, denn ich habe Band 2: Verstörende Träume, in dem Estelle berichtet, schon hier liegen und werde gleich damit anfangen.
Hilfreich fand ich die Karte des Landes. Denn auch wenn der Leser im ersten Band nur einen sehr kleinen Teil davon kennenlernt, kann er sich damit schon einmal eine Vorstellung von der strikten Trennung der verschiedenen Berufsgruppen machen. Dass Lucas als Ich-Erzähler berichtet, erlaubt ein schnelles Eintauchen in seine Gedankenwelt. Nicht immer konnte ich seine Handlungen nachvollziehen oder fand seine Gedankengänge realistisch. So ärgert er sich, dass er nach wenigen Tagen Aufenthalt noch nicht besser vorangekommen ist oder einen Schüler überholt, der schon monatelang im Internat trainiert. Träumen kann man ja, aber dass ein Jugendlicher, der in solch einer knallharten Welt aufgewachsen ist, nicht ein wenig realistischer ist, verwunderte mich doch. Aber das waren nur kleine Stolpersteine in einer Geschichte, die zunehmend Fahrt aufnahm und mich in ihren Bann schlug.
Eine neue Fantasy-Serie mit Suchtpotenzial für Jugendliche ab 14.
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Natalie Matt, Silas Matthes: Kings & Fools 1. Verdammtes Königreich. Oetinger 34 2015. 224 Seiten, Euro 5, ISBN 978-3-95882-069-2.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.