Patricia Schröder: The Perfect. Wie weit gehst du für deinen Erfolg?

Als in der Stadt ein neuer Klamottenladen, sprich: Fashion-Store, eröffnen soll, tauchen auf einmal überall Flyer auf. Gesucht werden Teilnehmerinnen für ein sogenanntes „Special-Assistant-Training“, eine Art Casting für Mode-Designer. Die Mädchen sollen Mode entwerfen und Verkaufstrategien entwickeln, der Gewinnerin winkt eine Stelle als Business-Partnerin. Eigentlich möchte Jazz nach dem Abi für ein Jahr nach Neuseeland gehen, aber ihre Freundin Leena bekniet sie, sich mit ihr zusammen zu bewerben, damit sie, falls sie ausgewählt wird, nicht so alleine ist. Schließlich gibt Jazz nach und tatsächlich schaffen es beide, genommen zu werden. Doch von Anfang an hat Jazz ein komisches Gefühl. Die Smartphones müssen abgegeben werden, Gespräche mit der Außenwelt dürfen nur zu bestimmten Zeiten von einem Firmenhandy geführt werden. Anscheinend ist es nicht erlaubt, Spaß zu haben, sich über das Casting zu unterhalten oder gar Kritik zu äußern und auch sonst sind einige Dinge merkwürdig. Werden einige der anderen Kandidatinnen wirklich mit ihrer Vergangenheit unter Druck gesetzt? Jazz hat ein immer mulmigeres Gefühl. Als etwas Schreckliches passiert, bleibt Jazz nur Leena zuliebe. Doch dadurch bringt sie sich selbst in Gefahr …

Hinter den Kulissen des noblen, aber geheimnissumwobenen Modeunternehmens geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Weil Jazz nicht daran interessiert ist, das Casting zu gewinnen, lässt sie sich nicht so leicht wie die meisten anderen dazu bewegen, alles kritiklos hinzunehmen. Sie lässt sich nicht einlullen und macht daher interessante Beobachtungen. Wo andere meinen, das müsse eben so sein, ist sie anderer Meinung, sagt aber nichts, um ihren Aufenthalt nicht zu gefährden. Doch die Leser dürfen an ihren Gedankengängen teilhaben und machen sich ebenfalls Sorgen. Jazz ist eigentlich eine unkomplizierte, natürliche junge Frau, der es teilweise sehr schwerfällt, sich den Regeln unterzuordnen. Das wirkt sehr glaubhaft. Dass fast alle der anderen jungen Frauen alles mitmachen, nur um den heiß ersehnten Job zu bekommen, wird ebenso glaubwürdig geschildert, vor allem, nachdem sie miterleben mussten, was der ersten Rebellin geschah. Die Rolle der Männer ist zwielichtig. Niemanden kann man wirklich trauen, nur in manchen Punkten weiß der Leser mehr als die Protagonistin. Den Hype um den mysteriösen Adam C. Oulay konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, das kam mir etwas unrealistisch vor, aber vermutlich bin ich einfach zu alt dafür.

Die Handlung entwickelt schnell einen Sog und wird nach und nach richtig spannend. Es gibt ein paar Stellen, an denen ich nicht alles wirklich nachvollziehbar fand. Das Ende wartet mit einer sehr überraschenden Wendung auf, sodass ich feststellen musste, dass ich mit meinen Vermutungen größtenteils daneben gelegen habe. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch schon eine ganze Weile nicht mehr aus der Hand legen. Einige Erklärungen zu den Geschehnissen, die im Nachhinein gegeben werden, fand ich doch etwas weit hergeholt. Das änderte jedoch nichts daran, dass mich das Buch sehr gut unterhalten hat, es war sehr spannend und der kritische Blick auf die Castingwelt gefällt mir sehr gut. Und tatsächlich stellt man sich schnell die Frage aus dem Untertitel: Wie weit würde man selbst gehen, um sich seinen Traum zu verwirklichen? Was würde man alles kritiklos hinnehmen? Würde man eine Freundschaft riskieren oder gar opfern? Wie weit würde man seine Ellbogen ausfahren, um sich durchzusetzen? Gar über Leichen gehen?

Eine absolute Empfehlung für alle ab 14, besonders für Fans von Castingshows ist dieser (wenn auch natürlich sehr dramatisierte) Blick hinter die Kulissen klasse.

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Patricia Schröder: The Perfect. Wie weit gehst du für deinen Erfolg? Coppenrath 2016. 416 Seiten, 17,95 Euro, ISBN 978-3-649-66783-4.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.