Als ich euch dazu aufrief, mir eure liebsten Kinder- und Jugendbücher zu nennen (siehe hier), war darunter auch „Hilfe, die Herdmanns kommen“. Ich erwähnte, dass ich das Buch nicht kenne. Wenige Tage später erlebte ich eine Überraschung beim Durchsehen meiner Post, denn meine Kollegin Dagmar hatte es mir kurzerhand geschickt. Danke, Dagmar!
Nun naht unaufhaltsam der Advent, die richtige Zeit ist gekommen, um diesen Klassiker all denen vorzustellen, die ihn noch nicht kennen. (Ich kannte ihn übrigens doch, wie ich beim Lesen feststellte, bestimmt habe ich das Buch als Kind in der Bücherei oder bei einer Freundin ausgeliehen).
Das Krippenspiel in der kleinen Stadt läuft jedes Jahr auf die gleiche Weise ab: der gleiche Ablauf, die gleichen Kinder, die immer dieselbe Rolle spielen, die Kostüme, einfach alles. Eigentlich soll diese Routine auch in diesem Jahr nicht gestört werden. Aber dann bricht sich Frau Armstrong, die die Proben immer übernimmt, ein Bein, sodass die Mutter der Erzählerin einspringen muss. Und dann kommen auf einmal die Herdmanns auf die Idee, mitmachen zu wollen.
Die Herdmann-Kinder waren die schlimmsten Kinder aller Zeiten. Sie logen und klauten, rauchten Zigaretten (sogar die Mädchen) und erzählten schmutzige Witze. Sie schlugen kleine Kinder, fluchten auf ihre Lehrer, missbrauchten den Namen des Herrn und setzen den alten, verfallenen Geräteschuppen von Fred Schuhmacher in Brand.
Man kann sich ohne Schwierigkeiten vorstellen, dass die Proben anders verlaufen als jemals zuvor. Und auch die Aufführung ist einmalig!
Man muss sich das mal vorstellen: Da sitzen all die braven, gut erzogenen Kinder, die von ihrem Eltern überredet wurden, wie jedes Jahr beim Krippenspiel mitzumachen, auch wenn viele von ihnen dazu keine Lust haben. Und auch die Zuschauer haben eigentlich überhaupt keine Lust, sich die Aufführung anzusehen, weil es jedes Jahr dasselbe ist. Und doch machen alle brav mit, weil es eben Tradition ist. Doch dann kommt eine Horde wilder Rabauken und mischt die ganze Angelegenheit ordentlich auf. Natürlich ist die Aufregung groß, wenn nicht jedes Kind seine übliche Rolle bekommt und alle mit Panik daran denken, was bei der Aufführung alles passieren könnte. Und natürlich wird es dann wirklich eine ganz besondere Aufführung. Aber: sie bringt den Zuschauern die wirkliche Bedeutung von Weihnachten viel näher als all ihre „klinisch reinen“ Vorgänger.
Die Lektüre macht einfach Spaß. Es ist lustig mitzuerleben, wie die Herdmanns den ganzen eingefahrenen Laden aufmischen. Der Leser fiebert mit, was wohl an Weihnachten passieren wird – man kann sich da ja allerhand vorstellen. Ich persönlich habe die Leiterin der Krippenspielproben ein wenig bedauert, denn ich mache das auch jedes Jahr und die Vorstellung, ich hätte da plötzlich die Herdmanns sitzen, lässt mir den Angstschweiß ausbrechen (aber bei uns gibt es wenigstens jedes Jahr ein anderes Krippenspiel!). Jeder kennt Kinder wie die Herdmanns, die gerne Kleinere oder Schwächere pisacken. Deswegen fällt es den kleinen Leser sicherlich sehr leicht, sich mit den anderen Kindern der Geschichte zu identifizieren und mitzubangen, wie es wohl ausgehen wird. Vielleicht hat aber manches auch schon einmal davon geträumt, dass langweilige Routine einmal unterbrochen wird, dass es einmal richtig kracht. Sie amüsieren sich köstlich über die Zwischenfälle – aus der Ferne geht das ja auch viel leichter, als wenn sie selbst betroffen wären. Und wenn sich am Ende herausstellt, dass die Herdmanns ihre Sache gar nicht so schlecht machen – wenn auch mit ihrem unverwechselbaren Stil –, dann ist das ein wunderbar versöhnliches Ende.
Ein Klassiker, mit dem schon unsere Generation ihren Spaß hatte und den die Kinder auch heute noch lustig finden. Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte für alle, die zwischen all der Besinnlichkeit auch mal Lachen wollen. Und für alle, die dann immer noch nicht genug haben, gibt es noch zwei weitere Bände.
Barbara Robinson: Hilfe, die Herdmanns kommen. Aus dem Englischen von Nele und Paul Maar. Oetinger 1:1974. 96 Seiten, Euro 9,90, ISBN 978-3-7891-1989-7.
Zur Verlagsseite – die Herdmanns bei Amazon
__________________________________________________
WERBUNG (*)
Zur Verlagsseite – bei Amazon – bei der Autorenwelt – im Onlineshop eurer Buchhandlung – und in eurer Lieblingsbuchhandlung.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
(*) Nach dem Telemediengesetz sind Links auf Verlage, Shops und Affiliate-Links (hier: Amazon) als Werbung zu kennzeichnen, übrigens ganz unabhängig davon, ob das Buch ein Rezensionsexemplar ist oder selbst gekauft wurde. Ich bekomme kein Geld von den Verlagen, sie stellen mir lediglich ein Buch zur Verfügung. Das verpflichtet mich zu nichts, ich schreibe auch kritische Rezensionen oder verzichte ganz darauf, ein Buch zu besprechen. Meine Meinung ist nach wie vor unabhängig. Die Links sind ein Service für euch Blogbesucher, auf den ich nicht verzichten möchte. Lediglich über den Amazon-Affiliate-Link verdiene ich etwas Geld – falls jemand etwas bestellt, nachdem er den Link benutzt hat, bekomme ich ein paar Cent.
Pingback: Weihnachtsvorfreude | Kinderohren
Ja, Ja! Ich hatte mal die Aufgabe eine Klasse durch den Advent zu begleiten. Mir fiel das Buch in die Hände und ich las der sechsten Klasse vor. Unter ihnen waren einige Herdmänner, also auch garantiert welche, die unter ihnen auch zu leiden hatten. Die Klasse hörte zu und sparte auch nicht mit Kommentaren. Das war eine gute Erfahrung für uns alle.
Aha, das Buch taugt also fürs Gruppenvorlesen. Das ist gut zu wissen!
“Hilfe, die Herdmanns kommen” gibt es auch als Hörbuch. Wenn man an Weihnachten die Familie besucht und länger im Auto sitzt, dann kann man sich so ca. eine Stunde lang sehr vergnügen. Meine Familie und ich (vier Erwachsene über 30) hatten einmal das Glück, eine Radioübertragung auf der Fahrt zu erwischen.
Oh ja, das kann ich mir wunderbar vorstellen!