Eine schreckliche Krankheit ist über die Erde hereingebrochen. Kinder und Erwachsene sind gestorben, nur die Jugendlichen haben überlebt. Sie tragen die Krankheit aber in sich, wenn sie älter werden, sterben sie auch. Am Washington Square hat sich eine bunte Truppe von Jugendlichen zu einem Clan zusammengeschlossen. Sie haben sich Waffen besorgt, um sich verteidigen zu können, die Leichen in ihrem Bereich verbrannt, eine Krankenstation eingerichtet, besorgen Lebensmittel und kümmern sich umeinander. Eines Tages hat Brainbox, der Denker des Clans, eine Vermutung, wo man eine Lösung zur Heilung der Krankheit finden könnte. Dazu muss er zuerst zur Bibliothek. Gut gelaunt macht er sich zusammen mit dem Clanführer Jeff(erson), Donna, Peter und einigen anderen Clanmitgliedern auf den Weg. Zuerst betrachten sie das noch als Abenteuer, aber immer wieder geraten sie in Lebensgefahr, da andere Clans Gebiete und Gebäude beherrschen.
In dieser Geschichte geht es nicht gerade zimperlich zu. Nicht wenige Jugendliche werden erschossen, erstochen, Gliedmaßen werden abgehackt, es wird geprügelt und gekämpft, Kannibalen sind unterwegs, Mädchen werden zur Prostitution gezwungen. Auch die Sprache ist direkt, ruppig, teilweise vulgär. Die Jugendlichen des Washington-Square-Cans sind überwiegend auf der Flucht. Nur wenige Momente der Ruhe sind ihnen vergönnt. Auf ihrem Weg begegnen ihnen aber nicht nur feindlich gesinnte Jugendliche, sondern auch solche, die ihnen helfen. Sie sehen, auf wie viele Arten die elternlos gewordenen Jugendlichen das Überleben gesichert haben. Ganz unterschiedliche Lebensmodelle sind dabei entstanden. Jeff träumt davon, eine bessere Welt erschaffen zu können, wenn die Krankheit erst einmal besiegt ist.
In der Handlung überwiegt die Action, aber es gibt auch eine zarte Liebesgeschichte. Jeff ist heimlich in Donna verliebt, die er schon ewig kennt, aber diese hält Liebe in diesen Zeiten für unsinnig und denkt, sie sei gar nicht mehr fähig dazu.
Was auch eine wichtige Rolle spielt, ist das Nachdenken für die verschiedenen Lebensmodelle und Gesellschaftstile. Die Geschichte wird abwechselnd von Jeff und Donna erzählt. Beide erinnern sich an das Leben vor der Epidemie, an das Schöne, was vor allem mit der Familie zusammenhängt, aber auch an den als selbstverständlich hingenommenen Überfluss und die Oberflächlichkeit. So steckt in auch sehr viel Gesellschafts- und Zivilisationskritik in dieser Dystopie.
Vor allem Jeff und Donna, die beiden Erzähler, lernen die Zuhörer gut kennen, aber auch manche der anderen gewinnen Kontur, wenn auch nicht so stark. Die Jugendlichen sind in ihren Gedanken und Handlungen durchaus glaubwürdig, wenn man berücksichtigt, was sie erlebt haben: Donna etwas ruppig, abweisend, verletzt, Jeff ebenso verletzt, aber immer auch idealistisch.
Ich fand das Hörbuch gut gelesen und ziemlich spannend, aber beim Ende hätte ich fast eine Krise bekommen. Mir war nicht klar, dass das der erste Band einer neuen Serie ist und es hörte einfach so auf. Die letzten Kapitel wechselten immer rasanter zwischen Jeff und Donna hin und her, ich lauschte atemlos – und Schluss. Das war ein bisschen arg abrupt. Aber gut, nun bin ich angefixt, Ziel erreicht. Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen könnte es ähnlich gehen.
Chris Weitz: Young World. Die Clans von New York. Aus dem Amerikanischen von Gerald Jung und Katharina Orgaß. Gesprochen von Maria Koschny und Leonhard Mahlich. Oetinger Audio 2015. 2 MP3-CDs, 536 Minuten, Euro 19,99, ISBN 978-3-8373-0904-1.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.