Charlotte wird nun, wo sie 14 ist, vermutlich ihre Familie verlassen müssen. In einer Zeremonie, bei der jedes Kind eine Scherbe mit einem Symbol ziehen muss, wird über ihre Ausbildung entschieden. Ihre beste Freundin hat das Talent zum Schneidern und hofft, für eine Ausbildung als Schneiderin ausgewählt zu werden. Doch Charlotte hat bisher kein Talent an sich entdecken können. Völlig überraschend zieht sie das Symbol für jemanden, der magische Fähigkeiten hat. Kinder mit magischen Fähigkeiten werden in der Zitadelle ausgebildet, weil die Magie im Land sehr zurückgegangen ist und kaum noch magische Wesen existieren. Doch dann läuft plötzlich nichts mehr nach Plan – sie wird entführt. Charlotte lernt in den nächsten Tagen nicht nur viel über sich und ihre Vergangenheit, sondern muss sich auch entscheiden, auf welcher Seite sie stehen will. Das Schicksal vieler magischer und nichtmagischer Wesen hängt von ihr ab!
Charlotte ist eine liebenswerte Protagonistin. Sie ist ein liebes, etwas naives Mädchen, das an einem Scheidepunkt in seinem Leben steht, aber noch überhaupt nicht weiß, was es will. Von einem Tag auf den anderen wird sie mit der harten Realität konfrontiert und muss sehr schnell erwachsen werden. Zuerst wehrt sie sich gegen ihr neues Wissen, doch schnell findet sie sich damit ab und reift an ihrer Aufgabe. Zum Glück muss sie das nicht alles alleine bewältigen: Fynn, der zunächst etwas zwielichtig daherkommt und den sie nicht so recht einschätzen kann, verfolgt zwar seine eigenen Interessen, unterstützt sie aber dennoch. Die alte Jette ist eine Verbindung zu ihrer Vergangenheit, die ihr mit vielen Informationen hilft. Und ihre wiedergefundenen Eltern lehnt sie zwar zunächst ab, lernt diesen Teil ihrer Geschichte aber zu schätzen. Doch es gibt auch jede Menge Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen an Kindern mit magischen Fähigkeiten interessiert sind: aus Machtgier, um zu überleben, um wieder bessere Zeiten zu erleben … Die Bösen wie Eisenhauer oder die, die man am Anfang noch nicht hundertprozentig einer Seite zuteilen kann wie der Prinz oder der Dekan bringen viel Spannung in die Handlung.
Die Welt erinnert ein wenig ans Mittelalter, aber es gibt dort jede Menge magischer Geschöpfe wie Nixen, Zwerge, Drachen, Elfen … zumindest theoretisch, denn sie leben im Verborgenen. Oder sind sie gar ausgestorben? Vieles funktioniert nur mit Magie: Lampen, Kühlschränke, eine Art Zug. Die Ideen dafür sind teilweise ziemlich originell und haben mir gut gefallen oder mich amüsiert. Da die Magie aber zurückgeht, müssen andere Lösungen her. Alles mutet ein wenig düster an, aber das Leben in dieser von Machtgier und Intrigen dominierten Welt ist für die einfachen Menschen tatsächlich nicht leicht. Doch es gibt auch Lichtblicke.
Eine tolle, runde Welt voller interessanter Aspekte, reichlich Böse, die dem Guten ein Schnippchen schlagen wollen, ein bisschen Magie, sympathische Helden, viel Action und Spannung: Mir hat die Lektüre sehr viel Spaß gemacht, ich habe das Buch fast in einem Rutsch gelesen. Ich vermute, dass es sich um einen Serienauftakt handelt – zumindest hoffe ich es sehr: Ich will mehr davon! Frisches Lesefutter für Fantasyfans ab 12 Jahren.
Antoinette Lühmann: Dragonfly. Finde deine Bestimmung. Coppenrath 2016. 416 Seiten, Euro 16,95, ISBN 978-3-649-66684-4.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in jeder Buchhandlung.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.