Sarah Moore Fitzgerald: Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens

Ein Umzug, der das Leben auf den Kopf stellt

Die 13-jährige Meg muss mit ihren Eltern für ein halbes Jahr nach Neuseeland umziehen und ist deswegen stinksauer. Sie will daheim in Irland bleiben, den wahren Grund dafür erklärt sie aber niemandem: Es ist Oscar, der Nachbarsjunge. Sie kennt ihn von klein an, die beiden unterhalten sich immer von Fenster zu Fenster und gehen in eine Klasse. Bei dem Gedanken, ihn nicht mehr zu sehen, merkt sie erst, dass sie in ihn verliebt ist. Aber nichts hilft, sie zieht weg, in ihrem Haus wohnt solange andere Familie.
Als Meg vorzeitig wiederkommt, ist alles anders: Oscar ist verschwunden, es wird vermutet, dass er sich umgebracht hat. Für Meg bricht eine Welt zusammen. Doch sie will nicht daran glauben, dass Oscar tot ist, zusammen mit seinem Bruder Stevie sucht sie ihn unermüdlich. Im Laufe der Zeit kommt sie nach und nach dahinter, was in den Monaten ihrer Abwesenheit geschehen ist.

Der beste Freund soll tot sein?

Die Handlung setzt an der Trauerfeier für Oscar ein, für die Meg und ihre Eltern gerade rechtzeitig aus Neuseeland zurückgekommen sind. Schon dort fallen ihr einige Dinge auf, die sie nicht einordnen kann, doch erst im Laufe der Zeit setzt sich alles zu einem Bild zusammen. Abwechselnd erzählen Meg und Oscar, was ihnen in den vergangenen Monaten widerfahren ist, was sie gedacht und getan haben, mitsamt aller Fehler oder dem, was sie für Fehler halten. So lernen die Zuhörer die beiden nach und nach sehr gut kennen. Oscar ist ein beliebter Junge, der anderen gerne hilft und wunderbar Apfelkuchen mit fast magischen Fähigkeiten backen kann. Meg ist ein fröhliches, selbstbewusstes Mädchen, das durch den ungewollten Umzug ziemlich aus der Bahn geworfen wird und ziemlich zickig und egoistisch reagiert, was es manchmal schwierig machte, sie wirklich zu mögen. Auch einige andere Personen werden sehr ausführlich dargestellt, vor allem Paloma, die nun in Megs Zimmer wohnt. Vom ersten oberflächlichen Eindruck, den Meg beim Gottesdienst von ihr bekommt, bis zum abschließenden Gespräch, finden sie, Oscar und die Zuhörer immer mehr über ihren Charakter heraus.

Auf der Suche nach dem Warum

Die Stimmung ist recht düster, obwohl es auch schöne und fröhliche Momente gibt. Anfangs hatte ich keine Ahnung, worauf diese Geschichte hinauslaufen könnte. Ich bin sehr beeindruckt, wie genau hier die langsame und systematische Zerstörung eines Menschen dargestellt wird. Wie leicht ist es, jemanden fertigzumachen, der einmal sehr beliebt war? Sehr leicht, wenn man es richtig anfängt. Mehrfach war ich richtig erschüttert, weil mir als Zuhörerin, die Megs und Oscars Bericht parallel hört, schon viel früher als den beiden klar wurde, was da geschieht. Besonders gut haben mir die vielen gefühlvollen Momente gefallen, wenn sich beispielsweise Meg an gewisse Eigenschaften Oscars erinnert oder wenn Oscar mal wieder für jemanden einen Kuchen backt. Sie gleiten nie ins Kitschige ab. Und dann wird es auch noch stellenweise, vor allem gegen Ende, richtig spannend.

Die Lesung ist sehr eindrücklich. Laura Maire und Robert Stadober bringen das Gefühls-Auf-und-Ab der beiden Jugendlichen sehr überzeugend rüber. Die Geschichte entwickelte schnell einen Sog, aus dem ich mich nur mit Schwierigkeiten befreien konnte, um irgendwann ins Bett zu gehen.

Eine wunderschöne Geschichte mit vielen Facetten, ein wundervolles Hörbuch für Kinder ab 12 Jahren. Es wurde für den »Deutschen Kinderhörbuchpreises BEO 2016« nominiert. Ich drücke die Daumen!

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Sarah Moore Fitzgerald: Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens. Aus dem Englischen von Adelheid Zöfel. Sprecher: Laura Maire, Robert Stadlober, DAV 2016. 3 CDs, 3 Stunden 38 Minuten, Euro 11,99, ISBN 978-3-86231-600-7.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – über Buchhandel.de – und in der Buchhandlung um die Ecke.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.