Wölfchen ist anders
Wölfchen ist anders als seine Geschwister. Er spielt mit den Hasen, statt sie zu jagen, und planscht mit den Fischen im Wasser herum, statt sie zu fangen. Und er isst gerne Sauerampfer. Wölfchen macht sein Leben Spaß, aber seine Eltern schimpfen mit ihm und seine Geschwister lachen ihn aus. Schließlich ist er zutiefst verunsichert und traurig.
„Ich weine, weil ich nicht richtig bin“, sagte Wölfchen und schluchzte laut.
„Nicht richtig?“, fragte die Maus Mäuserich. Er verstand nicht, wovon Wölfchen redete.
„Niemand hat Angst vor mir“, sagte Wölfchen. „Das schickt sich nicht für einen Wolf. Es ist einfach unmöglich.“
Mit Hilfe der Maus verkleidet sich Wölfchen, um endlich andere Tiere erschrecken zu können. Doch das hilft nicht. Sie denken, er wolle ein Kostümfest feiern. Und seine Eltern finden es ganz und gar unmöglich. Doch dann, im Laufe der Zeit, gewöhnen sich alle an Wölfchen, wie er eben ist. Endlich kann er sein Leben so leben, wie es ihm gefällt.
Ist anders schlecht?
Müssen denn alle gleich sein? Zu Beginn finden die Wolfseltern das schon und sie versuchen, ihr Kind nach ihren Vorstellungen zu erziehen. Doch später, als sie merken, dass das nicht funktioniert, werden sie toleranter. Ihr Kind ist nun einmal so, na gut, sie haben es trotzdem gern.
Das ist eine sehr schöne Moral. Viele haben Wölfchen von Anfang an akzeptiert,wie er ist. Die größten Probleme gab es in der eigenen Familie. Doch die Handelnden entwickeln sich und sind schließlich bereit, offener für die andere, ungewohnte Lebensform zu sein.
Ein Plädoyer für mehr Toleranz
Die Geschichte beginnt wie ein Märchen.
Eine Wolfsmutter und ein Wolfsvater, die hatten einmal ein Wölfchen, das war ganz anders als ihre anderen Kinder.
Die Sprache ist für die Kinder gut verständlich, sie hat einen hohen Anteil von wörtlicher Rede. Die Kinder können Wölfchen mit seinem Eigensinn gut verstehen, finden sie doch die Häschen niedlich, die sollten nicht gefressen werden. Und im Wasser zu planschen ist auch lustiger, als Fische zu fangen. So bietet die Geschichte eine gute Grundlage, um sich übers Anderssein zu unterhalten, ob es dafür gerade einen konkreten Anlass gibt oder nicht.
Die Bilder sind wunderschön, mit Pastelkreide gezeichnet (?) und dunklen Hintergründen (Wölfe sind nachts unterwegs), die die wenigen hellen Farben zum Leuchten bringen. Teilweise sind die Bilder aber auch Ton in Ton und wirken wirklich wie im Mondschein. Auch das Cover ist besonders, einmal nicht glänzend, sondern mit Stoffbezug.
Fazit:
Müssen alle gleich leben und die gleichen Dinge mögen? Nein, das müssen sie nicht. Dieses Plädoyer für das Anderssein verstehen Kinder ab 3 Jahren schon sehr gut.
Gerda Wagener, Józef Wilkon: Wölfchen. Bohem 2016. 32 Seiten, Euro 14,95, ISBN 978-3-85581-566-1.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.