Britta Nonnast, Susanne Göhlich: Wer hat Angst vorm schwarzen Gespenst

Kunterbunte Gespenstertruppe

Matti lebt in einem Waschsalon und liebt es am meisten, sich im Schleudergang herumschleudern zu lassen. Er ist ein kleines Gespenst. Eines Tages kommt mit der Theaterwäsche Luzie, das Theatergespenst, das wegen der Schließung des Theaters heimatlos geworden ist. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach einer neuen Wohnung für Luzie. Unterwegs erleben sie allerhand und merken: Einiges ist in der letzen Zeit schiefgegangen und immer soll ein schwarzes Gespenst daran schuld sein.

„Ich war es nicht! Onkel Oskar, bitte! Du musst mir glauben!“
Zipfel schwenkte ein schwarzes Tüchlein in der Hand. „Hier, der Beweis. Vor der Vitrine lag das. Das kann nur dem schwarzen Gespenst gehören. Ich schwöre es!“

Sogar im Internet ist zu lesen, für wie viele schlimme Dinge schwarze Gespenster verantwortlich sein sollen. Matti will das schwarze Gespenst unbedingt finden. Und schließlich kommt es tatsächlich zu einem Zusammentreffen. Doch irgendwie ist alles ganz anders, als Matti sich gedacht hat.

„Der ist schuld!“

Es ist ja so wunderbar einfach. Alles, was passiert, alles was schiefgeht, kann man dem schwarzen Gespenst in die Schuhe schieben. Niemand hat es je gesehen, es ist ein Phantom. Und je mehr die Gespenster sich davon erzählen, desto größer und schlimmer wird es in ihrer Fantasie. Kein Wunder, dass sie sehr abweisend und eklig sind, als ihnen wirklich ein schwarzes Gespenst begegnet. Doch seine Reaktionen und dass Lilli nett zu ihm ist, macht den anderen deutlich, wie unfair sie sich benommen haben. Sie versuchen, den Schaden, den sie angerichtet haben, wieder gut zu machen.

Gespenster mit viel Individualität

Die Gespenster sind keineswegs gleich, wie der unbedarfte Leser denken könnte. Sie sind groß, klein oder, als Flaschengeist, lang und dünn. Sie tragen bunte Kleider, eine Handtasche oder eine coole Mütze. Lauter Individualisten also. Doch in einem sind sich plötzlich alle einig: gegen den zu sein, der anders ist als sie. Ihre Antihaltung und ihr Misstrauen sind verständlich, haben sie doch die ganze Zeit die fiesen Gerüchte gehört (und eifrig dabei geholfen, sie zu verbreiten). Doch wo kamen die eigentlich her?

Wie Gerüchte wandern

Hier können Kinder schön miterleben, wie falsche Behauptungen in die Welt gesetzt werden und durch übereifrige Wesen wie den kleinen Matti mit der großen Klappe weiterverbreitet werden. Jeder hat immer noch etwas dazuzugeben, was er gehört oder erlebt hat, bis das Gerücht riesengroß und schwerwiegend geworden ist. Die Kinder können anhand dieser Geschichte gut verstehen, was ein Sündenbock ist. Vielleicht haben sie es ja auch schon in der Schule oder im Verein so ähnlich erlebt?

Obwohl das also ein Buch mit einem schwierigen und wichtigen Thema ist, kommt es nicht mit erhobenem Zeigefinger oder in irgendeiner Weise belehrend daher. Die verschiedenen Gespenster sind so liebenswert und erleben auf ihrer Suche nach einer neuen Wohnung und dem schwarzen Gespenst so viel, dass das zunächst gar nicht so richtig auffällt. Erst beim Zusammentreffen in der Scheune wird deutlich, worauf das vorher alles hinauslief. Doch zum Glück findet alles ein gutes Ende: Das schwarze Gespenst ist gar nicht anders als sie selbst.

Fazit: Eine aufregende Geschichte mit lustigen Gespensterprotagonisten, die in lockerem Ton wichtige Themen vermittelt: Wie entstehen Vorurteile? Wie werden sie weiterverbreitet und wie kommt es dazu, dass manche als Sündenbock herhalten müssen? Stoff zum Nachdenken geschickt verpackt für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter.

Britta Nonnast, Susanne Göhlich: Wer hat Angst vorm schwarzen Gespenst. Orell Füssli 2017. 96 Seiten, Euro 12, 95, ISBN 978-3-280-03531-3.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.