Einladung zu einer Zeitreise
Al (eigentlich Albert Einstein) Chaudhury bekommt an seinem 12. Geburtstag von seiner Mutter einen Brief seines verstorbenen Vaters. Darin erfährt er, dass sein Vater eine Zeitmaschine gebaut haben will. Damit soll Al in die Vergangenheit reisen und etwas verhindern, was später für den Tod seines Vaters gesorgt hat. Al ist von der Idee sehr angetan, denn seine Mutter hat einen neuen Partner, den er nicht besonders mag, und er vermisst seinen Vater sehr. Doch dummerweise sind sie umgezogen und es ist für ihn nicht einfach, überhaupt an die Zeitmaschine heranzukommen. Und wird sie überhaupt funktionieren? Sicherheitshalber nimmt er seinen Hamster als Testpiloten mit. Doch alles, was schiefgehen kann, geht schief!
Dad hieß Pythagoras Chaudhury. Ich weiß, wer nennt sein Kind schon Pythagoras? Byron Chaudhury-Roy zum Beispiel. Grandpa Byron wurde so genannt, weil sein Vater ein Faible für die englischen Klassiker hatte. Einmal meinte er zu mir: „Es hätte schlimmer kommen können, Al. Mit Pech hätte ich Elizabeth Browning geheißen.“ Ich habe gelacht, obwohl ich keine Ahnung hatte, wer Elizabeth Browning war. Jedenfalls hat Dad sich immer Pye gennant und aus Spaß hat er seinen Namen manchmal wie den griechischen Buchstaben Pi geschrieben. Ihr wisst schon: π.
Das schöne Leben zurückholen
Al ist relativ unglücklich. In der Schule ist er ein Außenseiter, erst recht nach seinem Umzug. Seinen Stiefvater findet er blöd, seine Stiefschwester nervt, er vermisst seinen verstorbenen Vater. Seine Mutter hat er zwar gerne, aber es geht ihm auf die Nerven, dass sie ihn ständig fragt, ob er endlich einen Freund gefunden hat. Am liebsten ist er mit seinem Großvater zusammen, einem ziemlich ungewöhnlichem und coolem Typen. Als er den Brief seines verstorbenen Vaters bekommt, glaubt er nicht wirklich an die Zeitmaschine. Doch er WILL daran glauben, und so setzt er alles daran, ins Versteck der Zeitmaschine zu gelangen. Dafür riskiert er einiges und er sieht darüber hinweg, dass er einige Menschen vor den Kopf stößt. Es wird regelrecht zur fixen Idee. Immer wieder zweifelt er auch, wenn er die Folgen seines Handelns sieht. Aber beeindruckenderweise gibt er nicht auf. Das macht ihn, obwohl er doch eigentlich ein recht schwacher Junge ist, zu einem richtig starken Protagonisten.
Die Vergangenheit korrigieren
Das Buch hat oft philosophische Züge. Sollte man alles machen, was möglich ist? Welche Folgen hätte es, wenn man in der Vergangenheit eine Kleinigkeit verändert? Al probiert das nicht nur in der Praxis aus, sondern grübelt erst einmal darüber. Wenn er das Baby Adolf Hitler töten würde? Oder das Attentat von Sarajewo verhinderte, das den Ersten Weltkrieg auslöste? Doch am Ende beschränkt er sich auf sein persönliches Familienproblem, das kompliziert genug ist. Das zu verfolgen ist spannend, aber die Geschichte hat auch lustige Phasen.
Mir war Al mit seinen Überlegungen und Zweifeln sehr sympathisch. Er ist kein selbstsicherer Held, der einfach davon ausgeht, dass alles, was er anpackt, sowieso klappen wird. Außerdem finde ich toll, dass er seinen Hamster nicht einfach aufgibt. Seinen Großvater mochte ich sehr, es ist ein sehr ungewöhnlicher Mensch, der seinen Enkel sehr liebt.
Die recht kuriose Geschichte ist toll erzählt. Al berichtet selbst, was ziemlich glaubwürdig rüberkommt. Zunächst erzählt er ziemlich viel über sein bisheriges Leben und die Menschen, die ihm wichtig sind, oft in der Form „10 Dinge, die ich über XY weiß“. Später nimmt die Handlung immer mehr Fahrt auf, als er mit den Vorbereitungen beginnt und tatsächlich Zeitreisen unternimmt. Allerdings müssen die Leser dann auch mit ein bisschen Theorie klarkommen, zum Beispiel wird die Relativitätstheorie angesprochen. Aber Al kapiert auch nicht immer alles, manches wird ihm auch erst durch die Praxis klar. Das ist gut gemacht und auch nicht überfordernd. Man kann über solche Stellen auch mal hinweglesen, der Handlung kann man trotzdem folgen. Insgesamt sind die Folgen der Zeitreisen nachvollziehbar geschildert. Allerdings wird das Schicksal von Nebenpersonen in der endgültigen Welt nicht gezeigt. Mich hätte durchaus interessiert, wie es Stiefvater und -schwester ergangen ist. Aber da das für Al nicht wirklich relevant ist, ist auch verständlich, wenn er das nicht überprüft.
Fazit: 12-Jähriger erlebt lustige, spannende und dramatische Momente bei dem Versuch, seinen verstorbenen Vater zurückzubekommen, indem er die Vergangenheit verändert. Eine sehr vergnügliche und empfehlenswerte Lektüre für Kinder von 10 bis 13 Jahren.
Ross Welford: Zeitreise mit Hamster. Aus dem Englischen von Petra Knese. Coppenrath 2017. 368 Seiten, Euro 14, 95, ISBN 978-3-649-62237-6.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
Weitere Rezensionen gibt es bei der Kinderbuchcouch und im Lesezauber-Blog.