Ein großer, wuscheliger bester Freund
Fjelle und Emil sind beste Freunde. Sie sitzen in der Schule nebeneinander und treffen sich an den Nachmittagen. Manchmal geht Fjelle nach der Schule zum Mittagessen mit zu Emil. Das klingt alles ganz normal? Nun ja, wenn man einmal davon absieht, dass Emil ein zehnjähriger Junge ist und Fjelle ein starkes, riesiges Monster mit moosgrünem Fell. In Flusenbek wundert sich darüber niemand. Lehrerkräfte und Mitschüler können auch gut mit Fjelles Eigenarten umgehen. Wenn er super aufgeregt ist oder sich super freut oder sich super ärgert, gerät er so außer sich, dass er schon mal Tische und Stühle kaputtmacht. Aber alle wissen, dass er es nicht böse meint.
Doch dann kommt ein neuer Schulleiter an die Schule. Offensichtlich kann er Monster nicht ausstehen. Er erzählt den Eltern, dass Monster gefährlich sind und löst Sorgen über die Sicherheit ihrer Kinder bei ihnen aus. Als er Fjelle immer wieder provoziert, rastet der eines Tages aus – obwohl Emil noch versucht hat, ihm Entspannungsmethoden beizubringen. Nun sind fast alle im Dorf überzeugt, dass ein Monster in der Schule, ja in der Stadt, nichts zu suchen hat. Und eines Tages wendet sich sogar Emil von seinem Freund ab.
Ist das das Ende dieser besonderen Freundschaft?
Misstrauen und Angst werden gesät
Fjelle ist anders als die anderen Schüler. Doch die Lehrerin und die anderen Kinder in der Klasse wissen sein Verhalten einzuschätzen und akzeptieren sein Anderssein. Auch Emils Eltern sind tolerant und schätzen die Freundschaft ihres Sohnes mit dem Monster. Der Anfang der Geschichte zeigt im Prinzip eine Idylle, den Idealzustand. Dieser wird aber nachhaltig zerstört, als der neue Schulleiter durch sein Verhalten immer neue Ausfälle Fjelles provoziert. Mit vielen kleinen Stichen, die Außenstehenden gar nicht so sehr auffallen, macht er ihn fertig. Er redet schlecht über ihn und trägt Misstrauen in die Dorfgesellschaft. Es wird deutlich, wie einfach das ist. Hier eine Bemerkung, dort eine Provokation, die ersten Eltern wollen nicht mehr, dass ihre Kinder mit Fjelle spielen, das macht Fjelle traurig … Die negative Stimmung schraubt sich so lange hoch, bis die Lage eskaliert.
Es ist hier sehr gut zu sehen, wie Mobbing funktioniert. Wie der Hass eines Einzelnen dafür sorgt, dass sich Misstrauen und Angst verbreiten, was zu weiteren Schikanen führt, bis der Gemobbte eine Verzweiflungstat begeht.
Eine Freundschaft wird auf die Probe gestellt
Emil ist ein richtig netter Kerl, der seinen Freund sehr mag. Doch dann bringt ihn Fjelle durch einen seiner Ausbrüche in Gefahr. Emil hat richtig viel Angst, woraufhin er sein Vertrauen in seinen Freund verliert. Kann das noch sein Freund sein? Für Emil ist es eine schwierige, aber existenzielle Frage. Nein, das geht nicht, denkt er zuerst und hört auf, Fjelle zu verteidigen. Doch später, als er die Ereignisse verdaut hat, vermisst er Emil und findet es nicht mehr gut, dass er nicht zu Fjelle gehalten hat. Er will seinen Fehler unbedingt wieder gutmachen.
Emil ist ein sehr sympathischer Held. Er macht einen (verständlichen) Fehler, sieht ihn ein und setzt alles daran, ihn wiedergutzumachen. Nachdem er einmal für sich erkannt hat, was richtig und was falsch ist, findet er sogar den Mut, seine Meinung laut vor all den aufgewiegelten Erwachsenen zu vertreten.
Fjelle ist einerseits sehr liebenswert, aber seine Ausbrüche sind beängstigend. Ich konnte durchaus nachvollziehen, dass manche Eltern sich deswegen etwas Sorgen machten. Die bewundernswerten Lehrer hatten aber alles im Griff, bevor die Aufwiegelung durch den neuen Schulleiter begann. Es ist verständlich, dass Emil mit dem an sich gutmütigen Kerl befreundet sein mag, der so gerne Petersilie isst. Ein nettes Detail ist, dass Fjelle ein ziemlich guter Schüler ist, viel besser als Emil.
Als Fjelle merkt, dass er sich so wenig im Griff hat, dass er Emil geängstigt hat, ist er reif genug, die Konsequenzen zu ziehen.
Worauf es ankommt
Die Geschichte von Emil und Fjelle bietet viel Stoff, um über Themen wie Freundschaft, Anderssein, Akzeptanz und Toleranz nachzudenken und zu verstehen, wie Mobbing funktioniert. Aber das Schöne ist, dass man nicht mit der Nase auf die wichtige Botschaft gestoßen wird, sondern diese offenbart sich beim Hören der spannenden Ereignisse ganz von allein. Kinder mit ihren hohen Moralvorstellungen werden sofort erkennen, dass sich der Schulleiter und viele andere Erwachsene nicht richtig verhalten. Sie merken, dass Fjelle Fehler macht, dass sein Verhalten so nicht geht, dass es aber trotzdem nicht richtig ist, ihn ausschließen zu wollen. Sie können gut nachvollziehen, dass Emil nicht perfekt ist und mit ihrer Freundschaft hadert – und freuen sich, dass er seinen Freund so sehr vermisst, dass er sich auf die Suche nach ihm begibt.
Temporeiche, gute Lesung
Zwar dauert es ein wenig, bis die Handlung wirklich Fahrt aufnimmt, das ungewöhnliche Verhalten Fjelles, der gleich zu Beginn den Klassenraum auseinandernimmt, sorgt jedoch für Aufmerksamkeit von Anfang an. Später wird es dann zeitweise richtig spannend und man fiebert mit den beiden unterschiedlichen Freunden mit.
Das Hörbuch wird von Philipp Schepmann monsterstark gelesen. Er schafft es, den verschiedenen Charakteren Individualität zu verleihen. Ich mag sehr, wie Fjelle brummt und Emils Vater mit leichtem norddeutschen Klang spricht.
Fazit: Die monsterstarke Geschichte über die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Monster, in der viele wichtige Themen angesprochen werden, begeistert Kinder ab 8 Jahren.
Anne Scheller: Fjelle und Emil. Monstermäßig bester Freunde. Gelesen von Philipp Schepmann. DAV 2019. 2 CDs, 2 Stunden 54 Minuten, Euro 12,99, ISBN 978-3-7424-1028-3
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