Martina Steinkühler, Anne Fröhlke: Die Geschichte vom guten König. Das Vaterunser

Wie erklärt man Kindern die Bedeutung des Vaterunsers? Im Gottesdienst hören sie immer wieder diese Worte, von denen sie aber viele nicht verstehen, und erst recht nicht den Zusammenhang. Dieses Bilderbuch versucht, ihnen das Gebet verständlich zu machen. Oben auf der Seite stehen in braunen Blockbuchstaben die Zeilen des Gebets, um die es gerade geht. Die Bilder zeigen Tierfamilien: Eine Gans mit Jungen, ein Bär mit seinen Kindern, Eichhörnchen, Schafe usw. Dazu wird eine Geschichte erzählt:

Es war einmal ein König, der war wie ein wunderbarer Vater. Wie ein guter Papa war er für viele, viele Kinder. Wo sie auch waren, in ihren Höhlen und Häusern: Er hatte sie lieb.

Dies ist der Text, der für „Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name“ steht.

Ich finde die Geschichte, die im Bilderbuch erzählt wird, hübsch. Allerdings finde ich nicht, dass sie immer zu dem Worten des Vaterunsers passt bzw. es vollständig erklärt. Wo ist im obigen Beispiel das „geheiligt werde dein Name“ geblieben? Manchmal ist es auch schwierig, weil das für Kinder recht abstrakt ist. Aber an anderen Stellen finde ich, wäre es besser möglich gewesen. Zum Beispiel wird bei bei „und vergib uns unsere Schuld“ davon erzählt, dass man manchmal (unabsichtlich) etwas falsch macht:

Manchmal gab es Gedrängel unter den Flügeln des Vaters. Manchmal trat eins der Kinder einem anderen auf den Fuß. Oder es verknickte ihm den Flügel.

Da hätte es doch viele für Kinder verständliche Beispiele gegeben, die besser zu Schuld passen, wie „Manchmal hatte ein Kind schlechte Laune und schubste oder schlug sein Geschwisterchen“ oder „Manchmal log eines der Kinder, weil es etwas angestellt hatte“. Und dann fehlt mir hier der entscheidende Teil. Sollte dann nicht dort stehen: „Und dann tat ihm leid, was es getan hatte, und es bat den Vater: ‚Bitte, sei mir nicht mehr böse!‘“

Bei „und führe uns nicht in Versuchung“ wird die Geschichte eines kleinen Bären erzählt, der schlecht träumt und Angst hat. Erst als bei „sondern erlöse uns von dem Bösen“ der König, sein Papa, gekommen ist und ihn in den Arm genommen hat, war alles wieder gut. Den zweiten Teil finde ich recht gut gelöst, aber wo ist hier die Versuchung geblieben? Auch Kinder können sich darunter etwas vorstellen: Etwas Schönes im Geschäft, was sie gerne haben möchten. Vielleicht könnten sie es ja einfach einstecken? Oder das tolle Spielzeug eines anderen Kindes. Oder vielleicht ist das Kind neidisch auf die große Sandburg eines anderen Kindes und überlegt, ob es sie kaputtmachen soll.

Auch finde ich die Sprache nicht immer ganz passend, so ist bei „unser tägliches Brot gib uns heute“ von „Speise“ die Rede. Ich bin eigentlich sehr dafür, in Büchern ruhig auch mal seltenere, altmodische oder unbekannte Begriffe zu verwenden, um den Wortschatz zu erweitern. Hier geht es aber doch genau darum, einen schwierigen Text zu erklären (auch wenn er an dieser Stelle ohnehin gut zu verstehen ist). Da würde ich es angemessener finden, einfach von Essen zu sprechen.

Am Schluss des Buches ist noch einmal das ganze Vaterunser aufgeschrieben.

Die erzählte Geschichte für Kinder ab 3 Jahren ist, wie gesagt, für sich genommen schön und auch gut illustriert. Auf den Bildern gibt es viele Details zu entdecken, die Tiere sind auf eine lustige Art dargestellt. Ich finde allerdings nicht, dass das zuhörende Kind dadurch das Vaterunser verstehen kann, ohne dass die Eltern da sehr viel zusätzlich erklären. Das hätte meiner Meinung nach an einigen Stellen besser gelöst werden können. Ich bin ein bisschen enttäuscht. Vielleicht habe ich aber einfach zu viel erwartet, und es geht gar nicht darum, das Gebet Zeile für Zeile zu erklären, sondern viel allgemeiner das Gefühl zu vermitteln, dass Gott für uns da ist und für uns sorgt. Das kann das Buch leisten.

Cover_Steinkühler_GeschichtevomgutenKönig

Martina Steinkühler, Anne Fröhlke: Die Geschichte vom guten König. Das Vaterunser. Patmos 2015. 24 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-8436-0671-4.

Zur Verlagsseite – bei Amazon– und in jeder Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.