Ruth Olshan: All die schönen Dinge

Tammie ist ein ungewöhnliches Mädchen. Sie verbringt viel Zeit auf dem Friedhof, wo sie nach schönen Grabsprüchen sucht. Sie hat ein Aneurysma im Gehirn, weswegen sie jederzeit sterben könnte. Auf gar keinen Fall soll sie sich anstrengen, weswegen sie keinen Sport machen, niesen, aber auch keinen Orgasmus bekommen darf. Letzteres hat sie mangels Freund bisher nicht weiter gestört, aber nun hat sie den sympathischen Fynn getroffen, der auf dem Friedhof jobbt und auch Jens ist sehr an ihr interessiert. Tammie versucht, sich von ihrer Mutter abzunabeln, die immer in Sorge um sie ist. Sie will ihr Leben genießen.

Das ist ein ganz tolles Buch! Lest es! Ja, es hat natürlich gewisse Ähnlichkeiten mit Das Schicksal ist ein mieser Verräter (Rezension), aber es ist doch ganz anders. Es ist lebensbejahend und fröhlich, ich habe trotz des an sich traurigen Themas öfter gelacht und nicht einmal geweint (dabei bin ich recht nah am Wasser gebaut).

Tammie ist liebenswert und sympathisch, Fynn muss man einfach gern haben, seinen alten Hund Okay erst recht, Tammies Freundin ist ein wenig überdreht, aber letztlich genau die Freundin, die Tammie braucht. Dass Tammies Eltern sie überbehütet haben, ist ziemlich verständlich. Aber nicht nur Tammie versucht, mehr Abstand zu gewinnen, auch ihre Eltern sind damit beschäftigt, sich neu zu orientieren. Ihr Bruder ist ein frecher, bockiger junger Mann, der das Gefühl hat, bei der ganzen Sache ein wenig zu kurz gekommen zu sein. In der Familie ist also einiges los. Viel wichtiger ist aber, Tammie dabei zu begleiten, wie sie sich entwickelt und das Leben entdeckt.

Was mir besonders gut gefallen hat, ist, dass Tammie an einem Punkt angekommen ist, an dem sie sich von dem Aneurysma nicht mehr ihr ganzes Leben bestimmen lassen will. Sie ist 16, das Aneurysma wurde schon vor Jahren entdeckt. Sicherlich hat sie oft Angst, dass sie von einer Minute auf die andere tot umfallen könnte. Aber nach so langer Zeit gelingt es ihr auch, diese Gedanken in den Hintergrund zu drängen und anderes wichtig zu finden, zum Beispiel Okays Krankheit und Fynns Sorge um ihn. Je verliebter sie wird, desto mehr drängt sich das Thema Sex in den Vordergrund. Darf sie? Will sie? Wird sie dabei sterben? Ist ihr das womöglich egal? Dieses Thema beschäftigt viele andere Jugendliche in ihrem Alter ebenfalls, aber für Tammie ist das noch viel komplizierter.

Ich konnte Tammies Sorgen und Nöte gut nachempfinden und hatte sehr viel Freunde an diesem wundervoll warmherzigen und optimistischen Buch für Jugendliche ab 13 Jahren.

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Ruth Olshan: All die schönen Dinge. Oetinger 2016. 288 Seiten, Euro 14,99, ISBN 978-3-7891-0371-1.

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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.