Müssen Feen immer brav sein?
Die kleine Fee Rosmarinchen ist sehr enttäuscht, als sie zum Geburtstag einen Zauberstab bekommt. Sie hatte sich doch Rollschuhe gewünscht! Aber beim Rollschuhfahren könnte sie sich dreckig machen, findet ihre Mama. Auch andere Sachen, die sie gerne machen würde, gefallen ihrer Mama nicht. Als Fee soll sie immer brav und lieb sein, wie langweilig. Also beschließt Rosmarinchen, bei den Hexen zu wohnen. Dort hat sie richtig viel Spaß. Allerdings vermisst sie ihre Mama. Doch am Ende finden sie eine tolle Lösung.
„Ich will eine Hexe sein“, sagte Rosmarinchen eines Tages.
Mama war außer sich vor Schreck.
„Eine Hexe?“, rief sie.
„Du bist wohl nicht ganz gescheit, Rosmarinchen! Schäm dich!“
Rosmarinchen schämte sich überhaupt nicht.
Sie stampfte mit den Füßen und brüllte trotzig:
„Ich bin mir ganz sicher. Ich will eine Hexe sein!“
Kleine Fee mit eigenem Kopf
Rosmarinchen ist eine kleine Fee, die genau weiß, was sie will. Sie ignoriert alle Warnungen, was die Hexen angeblich mit ihr machen, und setzt ihren Kopf durch. Dabei findet sie nicht nur heraus, dass die Hexen sehr freundlich zu ihr sind, sondern hat richtig viel Spaß. Und am Ende schafft sie es sogar, sich wieder mit ihrer Mutter zu versöhnen und einen richtig guten Kompromiss zu finden. Sie beweist allen, dass man keine 08/15-Fee sein muss. Somit ist das Buch ein Plädoyer für Vielfalt und dafür, einen Weg zu finden, der zu einem selber passt. Nicht immer muss der das Weg sein, den die anderen Leute für richtig halten. Gut gefällt mir auch, dass vermittelt wird, dass es kein Lebensinhalt sein kann, immer sauber und ordentlich zu sein. Wer etwas erleben und entdecken will, macht sich eben auch mal schmutzig. Das ist aber vielleicht eher eine Botschaft an die Eltern, die meisten Kinder wissen das sowieso. 😉
Die Zeichnungen finde ich sehr interessant. Die Feen tragen Kleider und hohe, spitze Hüte in allen möglichen Rot-Schattierungen. Sie entsprechen trotzdem nicht mehr Vorstellung von Fee, denn sie haben lange, spitze Nasen und entweder kurze Haare oder ganz dünne Zöpfe. Sie ähneln sich so sehr, dass ich manchmal erst suchen musste, um Rosmarinchen und ihre Mutter zu entdecken. Die Hexen sehen sehr ähnlich aus, nur sind ihre Nasen noch länger und ihre Hüte grau bis schwarz. Irgendwie scheinen sie in einem Sumpf zu leben, denn teilweise schauen die Köpfe nur zur Hälfte heraus. Das wirkte auf mich ein wenig verstörend. Sehr schön finde ich es dagegen, wenn Rosmarinchen mit ihrer Mutter auf dem Besen durch den Hexenwald fliegt und die Rot- und die Grautöne aufeinandertreffen. Definitiv keine 08/15-Bilder.
Fazit: Ein ungewöhnliches Bilderbuch, das Kindergartenkindern vermitteln kann, dass nicht alle gleich leben müssen und dass Ordnung und Sauberkeit nicht alles sind.
Brigitte Minne, Carll Cneut: Hexenfee. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Bohem 2017. 48 Seiten, Euro 24,95, ISBN 978-3959390477.
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Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.