Andrea Schütze: Warum tanzen wir vor Glück und kochen vor Wut?

Ein Buch über Gefühle

Gefühle sind nicht immer einfach zu verstehen. Sie kommen und gehen manchmal sehr überraschend. Und nicht jeder empfindet in einer vergleichbaren Situation das Gleiche.

Manchmal sind sie vollkommen logisch: Wer traurig ist, der weint. Wer fröhlich ist, der lacht. Doch Gefühle können auch ein ziemliches Chaos anrichten. Wenn sich Oma so doll freut (…), warum lacht sie dann nicht, sondern schluchzt plötzlich los? … (aus dem Vorwort)

In den zwölf Geschichten und zwei Gedichten in diesem Buch geht es um die verschiedensten Gefühle: Peinlichkeit, Ekel, Vorfreude, Aufregung, Stolz, Mitleid, Eifersucht, Scham, Schadenfreude, Traurigkeit, Heimweh, Zufriedenheit, Wut, Hilflosigkeit, Hoffnung, Geborgenheit und Liebe. Die Gefühle werden im Inhaltsverzeichnis genannt. Das Buch endet mit einem (Liebes-)Brief an das eigene Kind, den die Eltern anpassen und ihrem Kind geben können.

„Warum hast du es dann gemacht?“, schimpft Nele. Ihre Stimme klingt verschnupft, aber sie weint nicht mehr.
„Weil ich eifersüchtig war“, platz es aus Sophie heraus. „Immer spielst du Pferd. Und ich steh dann alleine herum. Das ist so was von doof von dir.“
„Das ist noch lange kein Grund, mich zu verraten“, brüllt ihre Freundin hinter der Tür.

Was bedeutet, was man fühlt?

Kinder sind oft noch sehr unsicher in der Einordnung ihrer Gefühle. Ist das eigentlich in Ordnung, wenn einem die Eltern peinlich sind oder man sich freut, weil der Schwester ein Missgeschick passiert ist? Warum fühlt man sich in manchen Situationen gut und in anderen nicht? Zusammen mit wechselnden Protagonisten erleben die Zuhörer schwierige, herausfordernde, lustige und traurige Situationen mit. Sie erfahren, wie die Protagonisten manchmal zweifeln, ob sie gewisse Dinge denken und fühlen dürfen. Und sie bekommen mit, wie, oft zusammen mit Eltern oder Freunden, eine Lösung gefunden wird.

Die Protagonisten sind Mädchen und Jungen, kleine Hexen, Ritter, Riesen, Gespenster und Tiere. Da empfindet ein Eichhörnchen Mitleid mit einem anderen, das nicht genügend Wintervorräte beschaffen konnte, weil es nur drei Beine hat. Eine kleine Hexe ist aufgeregt, weil der große Tag bevorsteht, an dem sie ihr Hexenbuch überreicht bekommt und ein kleiner Ritter ist richtig schadenfroh, als sein großer Bruder bei seinem ersten Turnier vom Pferd fällt. Die Gefühle sind in den Geschichten sehr realistisch und nachvollziehbar in kindgerechter Sprache geschildert. Man versteht zum Beispiel sofort, warum dem Zirkuskind seine Wahrsagermutter peinlich ist – und auch, warum ihm genau dieses Gefühl später ebenfalls peinlich ist. Das Buch wird durch viele schöne Bilder aufgelockert. Mal sind es kleine Vignetten, mal halb- oder ganzseitige Bilder. So gibt es auf den meisten Doppelseiten etwas zum Anschauen.

Mir gefällt es sehr gut, dass die Gefühle, um die es in den Geschichten geht, im Inhaltsverzeichnis genannt werden. So kann man gleich die passende Geschichte finden, wenn ein bestimmtes Gefühl im Leben des Kindes gerade eine wichtige Rolle spielt. Aber natürlich kann man das Buch auch ohne einen bestimmten Anlass lesen. Alle oder zumindest die meisten Gefühle werden die Kinder schon einmal erlebt haben. Vielleicht haben sie Lust, dem Vorleser danach davon zu berichten. Vielleicht wollen sie aber auch einfach für sich darüber nachdenken, welche Erinnerungen die Geschichte in ihnen wachgerufen hat.

Ein Gefühl, das ich vermisst habe, weil es bei Kindern (und nicht nur denen) oft auftritt, ist Neid, obwohl es in manchen Geschichten sozusagen in einer Nebenrolle vorkommt. Ansonsten finde ich sowohl die Auswahl der Themen als auch die Umsetzung sehr gelungen.

Fazit: Eine schöne Geschichtensammlung zum Thema Gefühle für Kinder von 4 bis 6 Jahren.

Andrea Schütze, Dagmar Henze: Warum tanzen wir vor Glück und kochen vor Wut? Ellermann 2017. 128 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-7707-4030-7.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – bei Buch7.de – im Onlineshop eurer Buchhandlung – und in der Buchhandlung um die Ecke.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.