Warnung: nicht ab 14!
Dieses (Hör-)Buch basiert auf dem Film „Pans Labyrinth“ von Guillermo del Toro, der zum Beispiel die Hobbit-Filme produziert hat, aber auch Kung-Fu Panda 2, und von dem ich das Hörbuch „Trollhunters“ besprochen habe (zur Rezension). Ich kenne diesen Film nicht, sonst hätte ich vielleicht gewusst, auf was ich mich da einlasse. So dachte ich nur: „Oh, etwas Neues von Cornelia Funke, toll!“ und erwartete eine Fantasy-Geschichte. Gleich mehr zum Inhalt, aber so viel vorab: Es handelt sich um eine derart düstere Geschichte voller Grausamkeit, zum Beispiel die Geschichte des Kinderfressers, dass ich die Alterseinstufung 14 Jahre für nicht angemessen halte. Der Film ist ab 16 und das passt auch für das Hörbuch viel besser. Potenzielle Käufer, die diese Geschichte im Regal mit der Aufschrift „ab 14“ stehen sehen und den Namen Funke lesen, werden das vermutlich ebenso falsch einschätzen wie ich. Also Vorsicht, das ist definitiv keine Geschichte für sensible Kinder!
Ein Mädchen in den Fängen des Bürgerkriegs
1944. Spanien leidet unter dem Bürgerkrieg. Ofelia, die Bücher und vor allem Märchen liebt, reist mit ihrer Mutter zu einer alten Mühle mitten in einem riesigen Wald. Dort hält sich ihr Stiefvater auf, Capitán Vidal, der von dort aus im Auftrag des Regimes gegen die Rebellen kämpft, die sich im Wald versteckt halten. Ofelia hat schnell erkannt, dass dieser ein grausamer, unbarmherziger Mann ist, aber ihre Mutter hat nach dem Tod ihres Mannes einen Versorger gesucht und schätzt ihn anders ein.
In der Mühle angekommen, ist Ofelia weitgehend auf sich selbst gestellt. Ihre hochschwangere Mutter hat die Reise nicht gut überstanden und verbringt die meiste Zeit im Bett. Ofelia hält Augen und Ohren offen und erkennt schnell, dass einige Bewohner der Mühle auf Seiten der Rebellen stehen.
Ofelia trifft ein Wesen, das sie für eine Fee hält. Diese führt sie zum Eingang eines alten Labyrinths. Dort trifft Ofelia auf einen Faun, der ihr erklärt, dass sie die lange vermisste Tochter des Königs des unterirdischen Reiches ist, die vor Jahren in die oberirdische Welt gegangen ist und nie wieder zurückkehrte. Er erklärt ihr, dass sie, die Prinzessin, sehr vermisst werde. Um wieder zurückzukehren, müsse sie allerdings drei Aufgaben erfüllen.
Ofelia fühlt sich in eins ihrer Bücher versetzt und macht sich daran, die Aufgaben zu erledigen. Sie will unbedingt ihre trostlose Welt hinter sich lassen und wieder Geborgenheit erleben. Doch die Aufgaben bringen sie an ihre Grenzen.
Krieg, Gewalt und Grausamkeiten
Der ausführlichere Erzählstrang befasst sich mit Ofelia und ihren Erlebnissen. Sie vermisst ihren verstorbenen Vater sehr und nimmt es ihrer Mutter übel, dass sie solch einen schrecklich Mann geheiratet hat, der ihre Mutter nicht einmal liebt. Ihm geht es nur um seinen Sohn, den diese ihm hoffentlich gebären wird. Unglücklich, wie sie ist, flüchtet sie in eine Fantasiewelt.
Doch auch dort geht es grausam zu. Der Faun ist unerbittlich, die Aufgaben, die Ofelia erledigen soll, gruselig. Doch trotz aller Schrecken will sie sie erledigen, um ihre wahren Eltern – und damit Liebe und Geborgenheit – zu finden.
Dieser Part wird von Tom Vogt gelesen. Er liest sehr gut, dennoch war ich vom ersten Moment an nicht glücklich damit. Zwar kommen mit dem Capitán, dem Doktor und dem Faun auch Männerrollen vor, doch geht es überwiegend um Ofelia, ihre Mutter und die Haushälterin Mercedes. Ich fand die Frauenrollen nicht gut wiedergegeben und vor allem Ofelia, ein Mädchen, von der Männerstimme nicht gut getroffen.
In einem zweiten Erzählstrang werden Geschichten aus der Vergangenheit eingeflochten. Was hat es mit dem Labyrinth auf sich? Was geschah mit der Frau Rocio, angeblich eine Hexe, die in der Nähe der Mühle wohnte? Was hatte der damalige Mühlenbewohner damit zu tun. Auch die Wesen, mit denen es Ofelia bei der Erledigung ihrer Aufgaben zu tun bekommt, die riesige Kröte und der Kinderfresser, werden so im Nachhinein erklärt.
Diese Teile werden von Cornelia Funke selbst gelesen, deren Lesung mir gut gefällt.
Hintergrundgeräusche wie knarzende Bäume erzeugen eine spannende Atmosphäre, ohne zu dominant zu sein und das Textverständnis zu behindern. Allerdings sind sie recht sparsam eingesetzt, davon hätte es für meinen Geschmack gerne mehr geben können. Wenn man Kopfhörer benutzt, hat man 3D-Sound, was einen noch intensiver in die Geschichte abtauchen lässt.
Fesselnde Geschichte mit Fantasyanteil
Die Geschichte traf überhaupt nicht meine Erwartungen. Wie oben erwähnt, hatte ich eine Fantasygeschichte erwartet. Anfangs dachte ich, dass Ofelia bald durch das Labyrinth im unterirdischen Reich verschwinden und dort wundersame Dinge mit den Fabelwesen erleben würde. Stattdessen hörte ich über den spanischen Bürgerkrieg, den grausamen Offizier, die geschundene Bevölkerung, die rebellischen Widerstandskämpfer im Wald. Fabelwesen spielen durchaus eine Rolle, die Feen, der Faun, die Kröte. Am Ende fragte ich mich aber, ob das nicht alles nur in Ofelias Fantasie stattgefunden hat, als Flucht aus der furchtbaren Realität. Das bleibt offen. Spannend war das Hörbuch trotzdem, man sollte nur wissen, auf was man sich da einlässt.
Fazit: Spannende, aber sehr düstere Geschichte mit etlichen grausamen Szenen und Fantasyelementen für Hörerinnen und Hörer ab 16 Jahren und Erwachsene.
Cornelia Funke, Guillermo del Toro: Das Labyrinth des Fauns. Ungekürzte Lesung von Tom Vogt und der Autorin. Atmende Bücher 2019. 1 CD (MP3), 444 Minuten, Euro 20,00, ISBN 978-3-9816-5393-9.
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Hier kannte ich tatsächlich den Film und finde die Warnung sehr gut. Denn das ist, brr, schon für halbwegs sensible Erwachsene starker TObak, wie halt immer, wenn Menschen so grausam zueinander sind, dass sie selbst Kinder morden. Überhaupt Vorsicht, denn viele Geschichten sind nicht kindgerecht und die immer noch häufige Einschätzung, dass z.B. alles was Zeichentrick ist auch für Kinder ist könnte falscher nicht sein. Dabei halten Kinder eine Menge aus, wenn sie begleitet werden, wenn die Erwachsenen mit ihnen über Sinn und Unsinn der Geschichte und über wahr und unwahr, gut und böse sprechen. Sofern sie das selbst können. Lassen doch viele den Struwwelpeter oder Max und Moritz einfach so stehen ohne den sehr wohl dafür empfänglichen Kindern – vorher sind sie insgesamt zu klein – klar aufzuzeigen, wer da falsch handelt! Kinder an Enten verfüttern? Na, na! Aber schon wieder so wiedersinnig, dass selbst Kinder darüber lachen können, wenn man es nur mit ihnen gemeinsam und ganz unbeschwert herausarbeitet, dass die wahren Bösewichte der Geschichte gar nicht die beiden kleinen Gauner sind. Aber den spanischen (oder jugoslawischen oder irgend einen afrikanischen oder…) Bürgerkrieg und seinen Wiedersinn erklären? Das wird hart.