Jesper Wung-Sung. Opfer. Lasst uns hier raus

Es ist ein fast normaler Schultag für Benjamin, den Sohn des Direktors, und seine Freunde. Es ist lediglich ungewöhnlich heiß. Doch dann bricht ein Lehrer zusammen und muss mit dem Krankenwagen abgeholt werden. Gerade sind alle Schüler in der Aula versammelt und freuen sich, dass es früher Schulschluss geben soll, als drei Männer in schwarzen Anzügen kommen und darum bitten, dass niemand das Schulgelände verlässt. Zunächst denken alle, dass es sich nur um wenige Stunden handeln wird, doch schließlich müssen sie die Nacht in der Schule verbringen. Besonders ärgerlich ist, dass niemand genau weiß, was eigentlich los ist. Am nächsten Tag wird ein vier Meter hoher Zaun um die Schule gebaut, Essen, Medikamente und Leichensäcke werden von einem Hubschrauber abgeworfen. Leichensäcke? Tatsächlich sind inzwischen weitere Lehrer und Schüler erkrankt. Und über dem Gelände kreist eine Drohne, die alles beobachtet …

Aus der Sicht von Benjamin wird berichtet, was alles passiert, nachdem die Schule von der Außenwelt abgeriegelt wird. Zunächst wird versucht, Normalität zu bewahren, doch je länger das Eingesperrtsein und vor allem das Nichtwissen dauern, desto mehr lösen sich die Regeln auf. Die Handlung ist ausschließlich auf die Schule beschränkt, die Leser erfahren nicht mehr als die Schüler und Lehrer, die sich dort befinden. Irgendwann beginnen die Schüler sich zu fragen, ob es noch irgendwo auf der Welt Schüler gibt, die gerade fröhlich zur Schule gehen. Oder ist das ganze Land krank, die ganze Welt? Wurde ihre Schule zum Wohl der Mehrheit geopfert? Warum interessiert sich niemand für ihr Schicksal?

Ähnlich wie im Klassiker „Der Herr der Fliegen“, aber auch in vielen anderen Dystopien, wird beobachtet, wie sich eine Gesellschaft aus Kindern und Jugendlichen unter Extrembedingungen entwickelt. Immer gibt es einige, die sich um die Kranken kümmern, andere, die die Organisation aufrecht erhalten wollen und wieder andere, die die Macht übernehmen (wollen) und auf Drohung oder Gewalt setzen. Und nicht immer reagieren die einzelnen Personen so, wie andere, in diesem Fall Benjamin, das vorher eingeschätzt hätte.

Aus einem ganz normalen Schultag entwickelt sich schnell ein bedrohliches Szenario. Das war recht spannend anzuhören, obwohl bei mir immer eine gewisse Distanz blieb, vielleicht weil Benjamin recht abgeklärt erzählt. Dennoch ein lohnenswerte Geschcihte, die dazu anregt, ein wenig die Gedanken der Schüler nachzuvollziehen: Ist es sinnvoll und gerecht, die Leben der anfangs gesunden Schüler und Lehrer zu opfern, die sich durch den erzwungenen engen Kontakt mit den Kranken anstecken und sterben, um zu verhindern, dass sich eine Seuche auf ein ganzes Land ausbreitet?

Die Lesung von Sven Schelker hat mir recht gut gefallen, allerdings störte es mich, dass er bei manchen Personen übermäßig betonte, was künstlich wirkte.

Ein interessantes und spannendes Hörbuch für Jugendliche ab 14.

Cover_Wung-Sung_Opfer

Jesper Wung-Sung: Opfer. Lasst uns hier raus! Aus dem Dänischen von Friederike Buchinger. Gelesen von Sven Schelker. Hörcompany 2016. 2 CDs, 157 Minuten, Euro 14,95, ISBN 978-3-945709-29-0.

Zur Verlagsseite – bei Amazon – und in der nächsten Buchhandlung.

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.