Wer bin ich?
Nachdem Lisa mit ihren Eltern in ein Eigenheim in einer stinklangweiligen Gegend ohne Kinder umgezogen ist, zieht in ihre alte Wohnung ein Mädchen ein, das die neue beste Freundin ihrer alten besten Freundin Alice wird. Lisa ist sehr unglücklich darüber. Ihre Eltern sind überfürsorglich und lassen sie kaum einen Schritt alleine gehen. Dann behauptet Alice auch noch, dass sie wie ein Junge aussieht und sie findet einen blauen Strampelanzug in einem Kleidersack. Hatten ihre Eltern lieber einen Jungen gewollt? Lisa ist zutiefst verunsichert und auf der Suche nach ihrer Identität. Und dann ist da noch das Waisenhaus um die Ecke, in dem sie einige sehr nette Kinder kennenlernt. Nur – wie kommt es, dass Lasse genauso aussieht wie sie? Lisa muss sich über einiges klarwerden …
Mit einem Mal erkenne ich, dass Alice kompletten Quatsch geredet hat und ich mich von ihr so richtig habe verunsichern lassen. Das war genau das, was sie wollte. Aus irgendeinem ganz bestimmten Grund scheint sie wirklich mächtig sauer auf mich zu sein. Das wird mir schlagartig klar.
Lisa begehrt auf
Lisa, 11, ist ein neugieriges, ein wenig freches Mädchen, das die Dinge nicht einfach hinnimmt, sondern hinterfragt. Sie erzählt ihre Geschichte selbst in der Ich-Form. Während Lisa bis dahin ein recht braves Kind gewesen zu sein scheint, stürzt jetzt einfach zu viel auf einmal auf sie ein. Daraufhin rebelliert sie. Das fand ich recht lebensnah geschildert. Vielen Kindern geht es wie Lisa, sie haben auf einmal ein Problem mit ihrer Geschlechterrolle, hadern mit ihrem Aussehen, Freude verändern sich ebenfalls und Freundschaften zerbrechen, Regeln der Eltern werden nicht mehr kommentarlos hingenommen usw.
Das Leben fühlt sich gut an, wenn man weiß, wer man wirklich ist.
Etwas überzeichnete Charaktere
Andere Charaktere fand ich nicht ganz so überzeugend. Lisas Lehrer ist ziemlich überdreht, wenn auch auf eine nette Art, Lisas Eltern sind viel zu streng und überfürsorglich. Zwar wird auch erklärt, warum das so ist, aber ich habe beim Lesen ebenfalls innerlich rebelliert. Dazu passt ihr Verhalten nicht, als Lisa wirklich verschwunden ist und statt in ihren eigenen Kleidern in einem Krankenhauskittel nach Hause kommt. Lisas Klassenkameraden und neue Freunde gewinnen nicht sehr viel Kontur, sie wirken teilweise auch ein wenig wie Karikaturen, aber nicht unbedingt im negativen Sinn.
Auftritt: die Nuss
Und was ist mit der titelgebenden Nuss? Ihre Rolle ist klein und auf einen kurzen Auftritt begrenzt. Doch Lisa hat eine Nussallergie, weshalb diese eine Nuss gleich eine ganze Kette von Ereignissen auslöst.
Auch wenn die Handlung an der einen oder andere Stelle nicht ganz logisch war, hat die Geschichte mich dennoch überzeugt. Es machte einfach Spaß, sie zu lesen. Es passiert viel, sie ist sehr temporeich und birgt ein Rätsel in sich, das geklärt werden muss. Gut, ich bin schneller auf die Lösung gekommen als Lisa, aber das fand ich nicht schlimm. Es war dennoch spannend zu verfolgen, wann und wie Lisa dahinterkommen wird. Außerdem bekommt man viele Einblicke in die Seele einer Elfjährigen, die mit sich un der Welt zu kämpfen hat. Gelangweilt habe ich mich jedenfalls keine Minute.
Auf dem Stufen vor dem Eingang hocken eine Handvoll Kinder in kurzen Hosen und T-Shirts. Aus dem Augenwinkel werfe ich ihnen einen prüfenden Blick zu. Ganz ehrlich: Rein äußerlich sind sie nicht als Waisenkinder zu entlarven. Die sehen ganz normal aus. Die haben auch alle ein Handy in der Hand, auf deren Displays sie weggetreten herumtippen.
Fazit: Ein turbulentes, spannendes und auch mal lustiges Buch für Kinder von 10 bis 12 Jahren, das viele Themen aufgreift, die Kinder zu Beginn der Pubertät bewegen.
Alexa Henning von Lange: Wie eine Nuss mein Leben auf den Kopf stellte. Thienemann 2016. 240 Seiten, Euro 12,99, ISBN 978-3-522-18441-0.
Zur Verlagsseite – bei Amazon – über Buchhandel.de – und in der Buchhandlung um die Ecke.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.